Rangliste der Pressefreiheit: Platz fünf wär locker drin!

Anton Benz über Deutschlands Platzierung im Pressefreiheits-Ranking

2024 wurden in Deutschland fast 100 Journalisten tätlich angegriffen
2024 wurden in Deutschland fast 100 Journalisten tätlich angegriffen

Deutschlands Abschied aus der Top 10 der Pressefreiheit sagt mehr über das Wesen einer Rangliste aus als über den tatsächlichen Zustand der Pressefreiheit in Deutschland. Es ist nämlich so: 2025 erhält Deutschland von Reporter ohne Grenzen (RSF) 83,85 von möglichen 100 Pressefreiheits-Punkten; 2024 waren es 83,8. Dass Deutschland von Platz 10 auf Platz 11 abfällt, liegt hauptsächlich daran, dass Tschechien sich um sieben Plätze verbessern konnte und damit einen Platz in den symbolträchtigen Top 10 ergattert.

Das soll selbstredend nicht über die gravierenden Probleme in Deutschland hinwegtäuschen: Die Übergriffe auf Journalist*innen, vorwiegend aus dem rechten und pro-palästinensischen Lager, sind alarmierend, genauso wie die viel beschriebene Selbstzensur deutscher Medien, wenn es um den Krieg in Gaza geht.

Doch was den Abfall im Ranking der Pressefreiheit angeht, sind die Hauptschuldigen nicht gewalttätige Demonstrant*innen. Tschechien konnte so sprunghaft aufholen, weil die Regierung den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR) gestärkt hat – und somit für einen saftigen Punktgewinn in der Kategorie Wirtschaft sorgte. Unter den fünf Bewertungsfeldern ist der wirtschaftliche Kontext jenes, in dem Deutschland am schlechtesten abschneidet, wo es also am meisten Handlungsbedarf gibt.

Nun ... den ÖRR stärken? Davon ist Deutschland angesichts des Streits um seine Finanzierung gerade weit entfernt. Und das Zeitungssterben? Das schreitet ungebremst voran, mit der einzigen Veränderung, dass diejenigen Zeitungen, die es noch gibt, sich auf immer weniger und dafür einflussreichere Eigentümer aufteilen.

Mögliche Abhilfen für die wirtschaftliche Lage der maroden Medienhäuser in Deutschland gibt es viele. Eine anständige – und plattformunabhängige – Medienförderung, wie es sie in anderen Ländern gibt, wäre eine; eine besondere Unterstützung von gemeinnützigem Journalismus eine andere.

Die Ampel hat in diesem Bereich versprochen, aber nicht geliefert. Im schwarz-roten Koalitionsvertrag fehlen nun sogar die Versprechungen. Bleibt, auf einen ungeahnten Nutzen einer Tabelle zu hoffen – den unbedingten Drang, ganz oben mitzuspielen. Nur mal so: Platz fünf wär locker drin!

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