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Berlin muss den Autobahnwahnsinn stoppen
Eine lebenswerte Stadt gedeiht nicht im Schatten von Autobahnbrücken, meint David Rojas Kienzle
Schnapsideen für den Umbau Berlins gab es viele. Zeitweise wurde mit dem Gedanken gespielt, eine Statdtautobahn bis nach Kreuzberg zu führen, inklusive Autobahnkreuz dort, wo derzeit der Oranienplatz ist. Was mittlerweile nur noch wahnsinnig erscheint, war in der Frontstadt Westberlin durchaus denkbar.
Die autofokussierte Planung der 60er Jahre hat aber auch ohne die Zerstörung Kreuzbergs für reihenweise Unorte gesorgt. Der Autobahnring A100 hat tiefe Schneisen in die Stadt geschlagen, die nicht nur unansehnlich sind, sondern unausstehlich. Wer ist schon gerne an der künstlichen Schlucht in Charlottenburg, Wilmersdorf oder Schöneberg? Man will nur weg – oder fährt eben durch, um in die vielen lebenswerten Teile der Stadt zu gelangen.
Schlimm genug, dass es diese Orte gibt, noch schlimmer, dass es mehr werden. Anwohner*innen in Neukölln und Treptow werden mit dem bald fertiggestellten 16. Bauabschnitt der A100 vor der Tür teilen, was im Westen der Stadt schon alltäglich ist: Abgase, Reifenabrieb und Autolärm. Zwar ist der Abgrund noch leer, doch bald ändert sich das. Und die Blechlawine, die die Autobahn mit sich bringt, wird angrenzende Kieze überrollen – die Infrastruktur wird das gesteigerte Verkehrsaufkommen nicht aufnehmen können.
Eine lebenswerte Stadt gedeiht nicht im Schatten von Autobahnbrücken. Eine klimagerechte Stadt schafft keine Anreize für Privatautos. Statt Abermilliarden in dieses Wahnsinnsprojekt zu stecken, müsste Berlin dafür sorgen, dass man mit dem ÖPNV gut und zuverlässig von A nach B kommt. Der Ausbau der A100 muss aufhören – sofort, damit in Berlin nicht noch mehr Unorte entstehen.
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