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»Wir ziehen nicht in eure Kriege«
Mahnende Worte zum Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung
Am Samstagvormittag standen 200 leere Stühle auf dem Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor in Berlin. Auf jedem Stuhl lag ein Schild mit Namen und Geburtsdaten: Arseni, geboren 1987, Levin, Jahrgang 2001. Sie alle haben den Militärdienst in ihren Ländern verweigert und werden deshalb verfolgt – entweder sitzen sie im Gefängnis oder müssen untertauchen. Das Bündnis Objektwarcampagne erinnerte an diese Menschen, die sich weigern, in kriegerische Konflikte zu ziehen. Im Rahmen einer internationalen Aktionswoche zum Tag der Kriegsdienstweigerung am 15. Mai fanden in mehreren Ländern Veranstaltungen statt, um ein Zeichen gegen die Militarisierung zu setzen.
In Deutschland gingen während der Aktionswoche Aktivist*innen u.a. in Celle, Schwerin, Mannheim und Osterholz-Scharmbeck auf die Straße. In Berlin stand die Veranstaltung unter dem Motto »Musik statt Krieg« – ein antimilitaristisches Bündnis organisierte auf dem Pariser Platz ein Konzert. Das Ensemble Lebenslaute spielte klassische Musik gegen Militarismus, Faschismus und Abschiebungen und intonierte bekannte Antikriegslieder aus aller Welt. Zahlreiche Redner*innen betonten die Notwendigkeit, gerade in Zeiten militärischer Aufrüstung für das Recht jener einzutreten, die keine Waffe in die Hand nehmen wollen.
»Kriegsdienstverweigerung ist kein Schönwetterrecht, das nach Belieben ausgesetzt werden kann.«
Rudi Friedrich Connection
»Kriegsdienstverweigerung ist kein Schönwetterrecht, das nach Belieben ausgesetzt werden kann«, betonte Rudi Friedrich von der Organisation Connection, die Kriegsdienst- und Militärverweigerer weltweit unterstützt. »Kriegsdienstverweigerung ist als Menschenrecht anerkannt und muss jederzeit in Anspruch genommen werden können.« Der Podcaster und Publizist Ole Nymoen erklärte in einer kurzen, engagierten Rede: »Ich bin nicht bereit, für deutsche Grenzen und für irgendwelche hehren Werte zu sterben, die gerade hochgehalten werden. Die Staaten benutzen einen als Menschenmaterial, das für die Souveränität im Ernstfall verheizt wird.« Mit seinem Buch »Warum ich niemals für mein Land kämpfen würde« hat er sich bei Bellizist*innen – auch aus dem grünen Milieu – viel Zorn zugezogen. Bei der Kundgebung am Samstagmittag erhielt er hingegen großen Applaus.
Ein Höhepunkt der Veranstaltung war der gemeinsame Auftritt der Kriegsdienstverweigerer Artjom Klyga aus Russland und Andrij Konovalow aus der Ukraine. Beide werden in ihren Ländern verfolgt und leben nun in Deutschland. Gemeinsam zerbrachen sie ein Gewehr aus Pappmaché. »Wenn Menschen wie ihr in der Ukraine und in Russland mehr Gehör fänden, gäbe es längst Frieden zwischen beiden Ländern«, meinte eine Kundgebungsteilnehmerin. Konovalow und Klyga betonten, dass ihre Antikriegshaltung durchaus von Teilen der Bevölkerung in beiden Ländern unterstützt werde – doch die Unterdrückung solcher Positionen verhindere ihre Verbreitung.
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Mahnende Stimmen kamen auch aus Afrika: »Traue niemandem, der vom Frieden redet, mit einem Gewehr in der Hand«, sagte der angolanische Antimilitarist Emanuel Matondo. »Krieg und Militarismus sind zwei Geschwister, die nationalistische und rassistische Gesinnung wie Hass und Ausgrenzung fördern und zementieren.« Dabei verwies er auf die kriegerische Geschichte Angolas.
Zum Abschluss der Veranstaltung rief eine Aktivistin aus dem provisorischen Antikriegsrat – einem Zusammenschluss gewaltfreier Anarchist*innen – zu Protesten gegen den für den 15. Juni geplanten Veteranentag auf. »Der Veteranentag dient der Kriegsertüchtigung der Gesellschaft, um mit der weltweiten Militarisierung Schritt zu halten«, erklärte sie. In Berlin und anderen Städten sind für den 15. Juni Proteste gegen den Veteranentag geplant.
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