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Verkehrschaos in Köpenick: Bröselbrücke 2.0
Nach der Sperrung eines wichtigen Knotens steht der Verkehr in Schöneweide vor dem Kollaps
Mal wieder kämpft Berlin an einem wichtigen Knoten gegen den Verkehrsinfarkt. Nachdem Ende März die A100-Brücke in Charlottenburg aufgrund von Einsturzgefahr von jetzt auf gleich gesperrt und abgerissen worden ist, trifft es nun den Berliner Osten.
Bereits am 30. April wurde die Hochtrasse, die einen Teil des Autoverkehrs über die Kreuzung Treskowallee/An der Wuhlheide/Rummelsburger Straße/Edisonstraße in Oberschöneweide leitet, gesperrt, nachdem dort Schäden festgestellt worden waren. Seit Montag wird der gesamte Verkehr im Kreuzungsbereich unterbunden. Laut der Verkehrsinformationszentrale (VIZ) muss »aufgrund des aktuellen Schadensbildes nunmehr davon ausgegangen werden, dass ein Versagen des Bauwerkes nicht mehr ausgeschlossen werden kann«.
Wie Oliver Igel (SPD), Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick, in der RBB-Abendschau mitteilte, trifft die Situation alle Verkehrsteilnehmer: Fußgänger*innen, Radfahrer*innen, Autofahrer*innen und Fahrgäste des öffentlichen Personennahverkehrs. Eigentlich bringen über die Kreuzung vier Straßenbahnlinien die Einwohner*innen des Ortsteils Oberschöneweide Richtung Norden. Für die Linien M17, 21, 27 und 37 ist ein Ersatzverkehr eingerichtet worden. Die BVG bittet jedoch darum, den Bereich zu umfahren: Verkehrsbedingt sei der Takt unregelmäßig. Fahrgäste sollen etwa auf die S-Bahn ausweichen.
Laut BVG-Vorstand Henrik Falk ist zusätzlich problematisch, dass die im Süden verkehrenden Straßenbahnfahrzeuge nicht mehr die Werkstätten im Norden ansteuern können. Das sei aber regelmäßig notwendig, so Falk. Einige Ersatzfahrzeuge seien zwar vorab in den Süden verfrachtet worden. Doch das sei nur eine Lösung auf Zeit. »Vier, fünf Wochen halten wir durch«, sagt Falk. Dass nun weite Teile Oberschöneweides vom ÖPNV abgehängt seien, ist laut Fahrgastverband IGEB eine Konsequenz eines wenig resilienten Straßenbahnnetzes, dem Weichenverbindungen fehlen.
Auch für den Autoverkehr und die Anwohner in dem Stadtteil waren die Konsequenzen der Sperrungen deutlich zu spüren. In nahezu allen angrenzenden Straßenabschnitten und Ausweichrouten staute es sich am Dienstag. Laut VIZ betrug die zusätzliche Fahrzeit bis zu 50 Minuten. Die Verbindung ist auch für den Wirtschaftsverkehr von großer Bedeutung.
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Die erst 1989 gebaute Brücke muss abgerissen werden, sie ist dem sogenannten Betonkrebs zum Opfer gefallen. Einen Termin dafür gibt es nicht. Noch im November 2024 war man im Senat von einem Sanierungsbeginn im Jahr 2026 ausgegangen. Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) erklärte am Montag: »Für mich als Verkehrssenatorin bedeutet das, dass sich das, was in den letzten Jahren, Jahrzehnten an Infrastrukturinvestment auch in den Bestand versäumt worden ist, jetzt böse rächt.« Und danach? Für Bezirksbürgermeister Igel ist denkbar, dass eine neue Verkehrslösung auch ohne Brückenneubau auskommt.
Während die an die abgerissenen A100-Brücke angrenzenden Kieze weiter unter dem Ausweichverkehr leiden – wohl bis dort in zwei Jahren ein Ersatz errichtet wurde –, droht an anderer Stelle neuer Ungemach: die Tempelhofer August-Druckenmüller-Brücke, über die der Sachsendamm führt. Das berichtet die »Berliner Morgenpost«. Darunter verläuft die A100, darüber ein Bahngleis. Hier wurden Instandsetzungsarbeiten bis 23. Juli verlängert. Laut Autobahn GmbH ist der Grund die »umfassende Behebung versteckter technischer Mängel in den Fahrbahnübergangskonstruktionen und in den angrenzenden Bereichen der Fahrbahn«. Mit unerwarteten Schäden fing es auch in Köpenick und am Funkturm an. Im Westen leiden die an die abgerissene A100-Brücke angrenzenden Kieze weiter unter dem Ausweichverkehr – wohl bis dort in zwei Jahren ein Ersatz errichtet wird.
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