• Berlin
  • Bericht des Verfassungsschutzes

Berlin: PKK bald nicht mehr verfassungsfeindlich?

Berliner Verfassungsschutz will »Neubewertung« vornehmen

Bei einer Demonstration wird die Fahne der PKK geschwenkt.
Bei einer Demonstration wird die Fahne der PKK geschwenkt.

Anhänger der kurdisch-sozialistischen militanten Gruppe PKK könnten in Berliner künftig nicht mehr vom Verfassungsschutz beobachtet werden. »Es wird in absehbarer Zeit natürlich zu einer Neubewertung kommen müssen«, sagte Michael Fischer, Leiter des Berliner Verfassungsschutzes, am Dienstag bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts für das Jahr 2024. Hintergrund der Ankündigung ist die Erklärung der PKK, die Waffen niederlegen zu wollen.

Fischer schränkte die Aussicht auf eine Neubewertung zugleich ein. »Wir müssen beobachten, welche Schlüsse die Anhänger aus der Erklärung ziehen«, sagte er. In der Erklärung der PKK finde sich eine »interessante Formulierung«. So heiße es dort, dass die PKK »unter diesem Namen« nicht mehr aktiv sein wolle. Zudem seien Konditionen für eine Auflösung formuliert worden. Man wolle im Blick behalten, ob es zu Nachfolgebestrebungen kommt. Zunächst bleibt also erst mal alles beim Alten und die PKK-Anhänger unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. »Unmittelbar ist nichts zu veranlassen«, so Fischer.

Neu auf der Liste der als verfassungsfeindlich eingestuften Organisationen ist dagegen die antiisraelische Kampagne BDS (»Boycott, Disinvest, Sanction«). Die Gruppe »verherrlicht den Terror der Hamas«, so Innensenatorin Iris Spranger (SPD). Sie sei ein maßgeblicher Akteur des »verfassungsschutzrelevanten, israelfeindlichen Geschehens«. Obwohl die Gruppe laut Verfassungsschutzbericht gerade mal 30 Personen umfasse, übe sie großen Einfluss aus. »Ihr Einfluss geht weit über das eigene Personenpotenzial hinaus«, so Spranger.

Die international aktive Kamapgne BDS fordert einen Boykott israelischer Waren und Kulturschaffender. In der Vergangenheit störten Angehörige der Gruppe unter anderem einen Vortrag einer Holocaust-Überlebenden an der Humboldt-Universtität. Warum wird eine Gruppe, die sich gegen einen ausländischen Staat richtet, aber als Bedrohung der bundesdeutschen Verfassung wahrgenommen? »Die Akvitäten von BDS zielen auf eine Vernichtung Israels«, sagte Fischer. Das verstoße gegen das grundgesetzlich festgeschriebene Verfassungsziel des friedlichen Zusammenlebens der Völker, was die Gruppe verfassungsfeindlich mache.

Eine andere, in ihrer Bedeutung stetig wachsende Gruppe taucht dagegen wie schon in den Vorjahren nicht im Verfassungsschutzbericht auf: Die AfD wird auf den 138 Seiten des Dokuments nicht erwähnt. Dabei hatte zuletzt bereits der bundesweite Verfassungsschutz die Partei als »gesichert rechtsextrem« eingestuft.

In Berlin kann das noch ein wenig dauern. »Der Bundesverfassungsschutz hat vor Gericht eine Stillhaltezusage unterzeichnet – daher wird sich auch das Landesamt nicht äußern«, sagte Spranger. Das Gutachten des Bundesverfassungsschutzes werde aber intensiv auf mögliche Folgen für Berlin geprüft. »Mehr werden und können wir nicht sagen«, so Spranger. Dafür seien rechtliche Gründe ursächlich.

In den Bericht geschafft haben es dagegen die zahlreichen neuen Gruppen im Rechtsextremismus, die sich vor allem an Jugendliche richten. Spranger nannte sie »eine neue rechtsextremistische Jugendkultur«. Diese richte sich vor allem gegen queere Menschen. »Sie gehen gewaltvoll gegen alle vor, die nicht in ihr Weltbild passen«, so Spranger. Das sehe man am Protest gegen CSD-Veranstaltungen, der mittlerweile auch Berlin erreicht habe. Zugleich würden queere Menschen immer wieder auch von Islamisten angefeindet.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.