BSW-Mann Steffen Schütz: »In der Politik eckt man auch an«

Steffen Schütz kandidiert für den Bundesvorstand des BSW. Dabei wollte dieser ihn schon nicht als Landesvorsitzenden in Thüringen

  • Interview: Sebastian Haak
  • Lesedauer: 7 Min.
Steffen Schütz war bis April Landesvorsitzender des BSW in Thüringen und maßgeblich an dem Konflikt zwischen der Landespartei und dem Bundesvorstand beteiligt.
Steffen Schütz war bis April Landesvorsitzender des BSW in Thüringen und maßgeblich an dem Konflikt zwischen der Landespartei und dem Bundesvorstand beteiligt.

In den vergangenen Wochen krachte es beim BSW derart heftig zwischen Bundesvorstand und der Thüringer Landesspitze, dass sich der bisherige BSW-Landesvorsitzende Steffen Schütz schließlich entschloss, nicht erneut für dieses Amt zu kandidieren. Gleichzeitig kündigte er jedoch an, demnächst in den Bundesvorstand des BSW einziehen zu wollen – in jenes Gremium also, in dem ihn manche so überhaupt nicht mögen. Herr Schütz, sind Sie ein rachsüchtiger Mensch?

Bitte? Nein, überhaupt nicht. Das liegt nicht in meinem Naturell. Ich bin vielleicht manchmal nachtragend, aber je älter man wird, desto mehr verflüchtigen sich solche Eigenheiten.

Interessant. Dass Sie nach ihrem erzwungenen Abschied vom Landesvorsitz des BSW angekündigt haben, für den Bundesvorstand Ihrer Partei kandidieren zu wollen, geschieht also nicht aus Rachsucht, sondern weil Sie nachtragend sind?

Nein! Ganz und gar nicht. Natürlich hat es mich traurig gemacht, wie manche in unserer Partei in den letzten Wochen mit Katja Wolf und mir umgegangen sind. Die Eskalation rund um unseren Parteitag war völlig unnötig. Mit meinem Amtsverzicht wollte ich Brücken bauen. Der Verzicht auf die Kandidatur fiel mir nicht leicht. Denn ich war wirklich gerne Landesvorsitzender. Aber hier ging es nicht um mich, sondern um das BSW und Thüringen.

Interview

Steffen Schütz war von März 2024 bis April 2025 Ko-Vorsitzender des in Thüringen. Nach einem Streit mit Teilen des Bundesvorstandes stellte er sich im April nicht zur Wiederwahl für sein Amt zur Verfügung, das er gemeinsam mit Katja Wolf ausgeübt hatte. Trotz seines Rückzugs ist Schütz im Thüringer Regierungsbündnis aus CDU, SPD und BSW weiterhin als Minister für Digitales beteiligt.

Dann erklären Sie doch bitte, wie Sie auf die Idee gekommen sind, sich für ein Amt im Bundesvorstand Ihrer Partei zu bewerben – wenn genau dieser Bundesvorstand Sie doch nicht einmal als Landesvorsitzenden dulden wollte.

Schon vor der Debatte darum, wer in Zukunft den Thüringer BSW-Landesverband führen soll, hatten Katja Wolf und ich Kontakt zu den anderen ostdeutschen Landesverbänden unserer Partei aufgenommen, um mit ihnen darüber zu sprechen, wie wir als Ostdeutsche künftig im Bundesvorstand repräsentiert sein wollen. Dabei ist schnell klargeworden, dass ich ein Repräsentant des Ostens im Bundesvorstand sein könnte. Ich habe lange in Berlin gelebt, ich kenne die dortigen Strukturen, ich weiß, wie wichtig für viele Ostdeutsche die Transformationserfahrungen der Wende sind. Außerdem teilen in den ostdeutschen Landesverbänden viele meine Einschätzung, dass wir im Bundestagswahlkampf zu monothematisch aufgestellt waren, dass wir beispielsweise zu wenig über Bildung und Wirtschaft gesprochen haben. Zudem würde ich als Digitalminister Thüringens im Bundesvorstand wichtige Impulse setzen. Insofern hat meine Bewerbung für den Bundesvorstand nichts mit meinem Verzicht auf eine erneute Kandidatur als Landesvorsitzender zu tun, das war schon länger geplant.

Aber müssen Sie nicht befürchten, dass die Leute, die jetzt im Bundesvorstand der Partei sitzen, Ihre Bewerbung trotzdem genau als das empfinden werden: als Rache oder als Nachtreten dafür, dass dieser Bundesvorstand so viel Druck gemacht hat und Sie sich schließlich nicht erneut als Landesvorsitzender in Thüringen beworben haben?

Mancher wird vielleicht sagen: Passt in mein Bild vom Schütz. Aber andere dort kennen mich besser und wissen, dass das nicht so ist. Ehrlich gesagt, ist mir das auch nicht so wichtig. Ich bin nicht in die Politik gegangen, weil ich Freunde gesucht habe. Und auch nicht, weil ich das Gefühl hatte, ich bräuchte irgendwelche bedeutsamen Ämter, sondern ich bin in die Politik gegangen, weil ich etwas verändern will. Da eckt man auch an.

Gehen Sie wirklich davon aus, dass Ihre Kandidatur erfolgreich sein wird?

Das weiß ich nicht. Ich kann mir auf jeden Fall vorstellen, dass es schwierig wird. Mancher wird sich bestimmt denken: Das ist doch der beste Freund von Frau Wolf, den können wir nicht wählen. Wenn das so wird, dann ist es eben so.

Sie haben gesagt, Sie hätten das Amt als BSW-Landesvorsitzender wirklich gern gemacht. Warum?

Weil ich das Gefühl hatte, dass wir gemeinsam an einer großen Aufgabe gearbeitet haben. Ich war unglaublich gerne in den Kreisen und kreisfreien Städten unterwegs und habe mich mit unseren Unterstützern und Mitgliedern getroffen. Dieses Gefühl von Aufbruch, das wir dabei immer hatten, das war toll. Ich habe so viele unglaublich engagierte Menschen kennengelernt. Was die mir alles geschrieben haben, das ging mir schon sehr zu Herzen.

Sie meinen, was die Ihnen Nettes geschrieben haben, nachdem klar war, dass Sie sich vom Landesvorsitz zurückziehen?

Ja.

Jetzt haben Sie immerhin mehr Zeit für andere Dinge im Leben. Oder hat Ihr Leben jetzt seinen Sinn verloren?

Nein, so ist es nun auch nicht. Und dass ich nicht mehr Landesvorsitzender bin, hat auch eine positive Seite: Ich bin nicht mehr in ganz so vielen Signal-Gruppen …

über die viel der BSW-internen Kommunikation läuft?!

Genau. Ich bin zwar Digitalminister, aber ich schätze direkte Kommunikation mehr als digitale.

Man sollte allerdings ohnehin meinen, dass Sie als Minister der Landesregierung eigentlich genug zu tun haben. Sie müssen sich unter anderem um die bislang ziemlich schlechte Digitalisierung in Thüringen kümmern. Nicht nur bei diesem Thema kann man den Eindruck gewinnen, dass die Brombeer-Koalition (CDU, SPD und BSW) nach vier Monaten Regierungszeit schon in den Mühen der Ebene angekommen ist und sich so dahin schleppt.

Das haben Sie gesagt. Aber ja, ich bin angekommen, wenn auch anders als Sie das vermuten.

Aha. Wie denn?

Ich denke, dass ich inzwischen einen ziemlich guten Umgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in meinem Haus gefunden habe, auch wenn ich aus der Wirtschaft komme und da schon manchmal zwei Welten aufeinanderprallen. Es gibt nur eine Sache, die ich absolut ablehne, und das hat sich auch schon rumgesprochen.

Das wäre?

Wenn mir jemand aus meinem Haus sagt: Das geht nicht. Ich möchte dann schon wissen, warum das angeblich nicht gehen soll und erwarte, dass man mir dann erklärt, was stattdessen gehen kann.

In der Verwaltung ist es auch sehr beliebt, Vorgesetzten zu erklären, dass Dinge zwar vielleicht gehen könnten, aber erst in einigen Jahren. Gibt es deshalb noch immer nicht die Bürgerräte, die Sie als BSW-Landesvorsitzender Ihren Wählern versprochen haben? Diese Gremien wollten Sie doch eigentlich in den ersten 100 Tagen der Brombeer-Regierung einführen.

Die 100 Tage sind schon seit einigen Wochen vorbei …

Und daher musste Frau Wolf in Ihrer Eigenschaft als Finanzministerin gerade erst erklären, dass die versprochene Entlastung bei der Grundsteuer frühestens 2027 kommt?

Es geht halt nicht alles auf einmal. Die Bürgerräte haben wir noch nicht, weil wir uns erst mal um die Aufstellung des Landeshaushaltes für 2025 kümmern mussten und uns jetzt schon in der Aufstellung des Haushaltes für 2026 und 2027 befinden. Wir haben momentan viel mit Digitalisierung und Verwaltungsreform zu tun, schließlich müssen wir uns sehr intensiv damit beschäftigen, Arbeitsplätze zu sichern. Vor allem in der Automobilzulieferindustrie bricht gerade richtig was weg.

Das wird den BSW-Wählern und -Sympathisanten ziemlich egal sein. Die wollten Bürgerräte, um über Frieden zu reden – sofort.

Das ist richtig, und ich kann das auch verstehen. Aber ich bin gegen jede Form von Etikettenpolitik. Es nützt uns überhaupt nichts, wenn wir jetzt mal schnell zwei, drei Bürgerräte machen, die aber nichts bewirken. Da muss ein ausgeklügeltes Konzept dahinterstehen.

Und Sie glauben, dass ihre Anhänger das auch so sehen?

Ich habe das Gefühl, dass das bei ihnen gerade ankommt, auch, weil wir als Partei dabei sind, unser Problem mit der Mitgliederaufnahme zu lösen. Das ist für viele unserer Unterstützer das Wichtigste überhaupt …

… weil sie an der Partei teilhaben wollen?

Ja, viele Menschen warten darauf, bei uns so richtig mitmachen zu können und Dinge zum Guten zu verändern.

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