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BVG erhält Baurecht für neuen Betriebshof in Adlershof
Nach über vier Jahren liegt der Planfeststellungsbeschluss für das BVG-Depot in Adlershof vor
Es war wieder mal eine schwere Geburt. Vier Jahre und vier Monate nach Einleitung des Verfahrens haben die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) nun Baurecht für einen neuen Straßenbahn-Betriebshof in Adlershof. Am vergangenen Samstag hat die zuständige Behörde den Planfeststellungsbeschluss veröffentlicht, ergangen ist er schon zwei Wochen zuvor.
Nahe dem S-Bahnhof Adlershof soll nun die Anlage entstehen, in der bis zu 60 der aktuellen Straßenbahnwagen gereinigt und abgestellt werden können. Die Werkstatthallen bieten Platz für zehn weitere Wagen. Das bezieht sich auf die aktuell bis zu 40 Meter langen Fahrzeuge. Ausgelegt ist der Betriebshof aber für bis zu 60 Meter lange Straßenbahnen. Bereits dieses Jahr sollen fast 52 Meter lange Bahnen des neuen Typs Urbanliner den Betrieb auf der M4 aufnehmen.
Adlershof soll auch ökologisch auf der Höhe der Zeit sein. So soll die Energie aus CO₂-freien Quellen kommen: Geothermie, Abwärme oder Solarthermie. Regenwasser soll nicht in die Kanalisation fließen, sondern mit begrünten Dächern und einer Zisterne aufgefangen werden und schließlich versickern oder verdunsten. Die Züge sollen sich auf dem Gleisnetz des Betriebshofs fahrerlos automatisiert bewegen.
In einer Mitteilung der BVG vom Montag äußert sich auch deren Chef Henrik Falk sehr erfreut: »Die große Stärke des Neubaus liegt in seiner Anpassungsfähigkeit. Bei neuen Anforderungen können wir schnell und souverän reagieren – sei es durch Umbauten oder Erweiterungen. Die offene Bauweise macht das richtig einfach und gibt uns die nötige Flexibilität für die Zukunft. Für den weiteren Ausbau unserer Infrastruktur ist der neue Betriebshof ein absolutes Vorbild.«
Bei der öffentlichen Projektvorstellung Anfang 2020 war noch eine Inbetriebnahme des Betriebshofs im Jahr 2022 vorgesehen. Allerdings ist das Planfeststellungsverfahren erst 2021 eingeleitet worden.
Der Betriebshof werde voraussichtlich im Jahr 2030 in Betrieb gehen, heißt es von der BVG. Nach dem Planfeststellungsbeschluss werde nun die Ausführungsplanung für die Abstellanlagen, Gleise, Weichen und unterirdischen Bauwerke vorangetrieben. Der Baubeginn sei für 2026 geplant.
Der Neubau ist ein Ersatz für die Bestands-Betriebshöfe in Oberschöneweide und Köpenick, die unter anderem aus Denkmalschutzgründen nicht an die aktuellen Fahrzeuge vom Typ Flexity angepasst werden können. Sie sind mit 2,40 Metern zehn Zentimeter breiter als ihre Vorgänger.
Das Baugelände auf der Fläche des ehemaligen Kohlebahnhofs ist nicht unproblematisch. Denn Boden und Grundwasser sind durch über ein Jahrhundert industrieller Nutzung kontaminiert. Da die Fläche im Zweiten Weltkrieg Ziel zahlreicher Bomben war, musste zunächst eine Munitionssuche und -bergung erfolgen. Der Boden wird vor Errichtung der Hallen und Gleise um 1,50 Meter aufgeschüttet.
Zuletzt waren die Kosten für den Bau mit 120 Millionen Euro angegeben worden. Die Anbindung soll über zwei aus der bestehenden Wendeschleife Adlershof ausfädelnde Gleise geschehen. Die Fläche zieht sich parallel der Eisenbahn stadtauswärts bis fast zur Köpenicker Straße.
Ursprünglich war für den Betriebshof auch eine Fläche am Groß-Berliner Damm unweit des S-Bahnhofs Johannisthal in Betracht gezogen worden. Betrieblich wäre diese günstiger gewesen, da man das Gelände von zwei Seiten ans Gleisnetz der Straßenbahn hätte anschließen können und es für das BVG-Personal einfacher zu erreichen gewesen wäre. Man nahm davon Abstand wegen erwarteter größerer Schwierigkeiten beim Grunderwerb und wegen drohender Wertminderung angrenzender Grundstücke.
Für eine gute Anbindung des nun bald entstehenden Depots am Bahnhof Adlershof fehlt allerdings noch der Ausbau der Tramstrecke in der Dörpfeldstraße. Derzeit ist sie eingleisig mit Ausweichen, somit fehlt die Kapazität für die zahlreichen Betriebsfahrten vor allem morgens und abends, wenn viele Züge zum Einsatz fahren oder wieder einrücken.
Das Planfeststellungsverfahren für den zweigleisigen Ausbau in der Dörpfeldstraße ist zwar bereits 2020 eingeleitet worden. Da es lange Streit über die künftige Aufteilung des begrenzten Straßenraums gegeben hatte, erfolgte die öffentliche Auslage jedoch erst im Sommer 2024. »Mit Einreichung dieser Planfeststellungsunterlagen wird seitens der BVG ausschließlich der Ausbau der Zweigleisigkeit in der Dörpfeldstraße im Jahr 2026 angestrebt«, heißt es im Antrag.
Angesichts der Erfahrungen selbst mit scheinbar einfachen Vorhaben in Berlin scheint es zumindest sehr optimistisch, dass es bereits im kommenden Jahr Baurecht geben sollte. Immerhin hat der reine Gleisbau formal nichts mit der geplanten Umgestaltung des Straßenraums zu tun.
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