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Windkraft in Berlin: Senat startet Verfahren
Öffentlichkeitsbeteiligung läuft bis Juli. Kritik an Auswahl von Grün- und Waldflächen
Windräder stehen bislang wenige in Berlin. Lediglich sechs Windkraftanlagen gibt es in Pankow im äußersten Nordosten der Stadt. Doch das könnte sich ändern. Anfang des Monats hat der Senat bekanntgegeben, dass acht Flächen ausgewiesen werden sollen, auf denen in Zukunft neue Windkrafträder stehen könnten. Dafür muss der Flächennutzungsplan geändert werden, was eine Öffentlichkeitsbeteiligung voraussetzt. Am Dienstag hat die zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung das Verfahren gestartet.
Bis zum 11. Juli können Bürger*innen die Planungsunterlagen online einsehen und per Post oder elektronisch Stellungnahmen abgeben. Und mit Kritik an den Plänen ist mit Sicherheit zu rechnen. Windkraftanlagen sind seit jeher Zankapfel. Dabei bedeutet, wie die Senatsverwaltung mitteilt, die Änderung des Flächennutzungsplans nicht automatisch, dass dann dort tatsächlich Windräder gebaut werden.
»Berlin leistet seinen Beitrag zur nachhaltigen Stärkung der erneuerbaren Energien und kommt den Anforderungen des Bundes nach«, sagt Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD). Gemäß des Windenergieflächenbedarfsgesetzes muss Berlin bis Ende 2027 einen Anteil von 0,25 Prozent und bis Ende 2032 einen Anteil von insgesamt 0,5 Prozent der Landesfläche als Windenergiegebiete auszuweisen. Flächenländer müssen zwei Prozent der Fläche ausweisen. Der Senat teilt mit, dass »ein im Gesetz verankerter Automatismus greift, der zukünftig eine sinnvolle räumliche Steuerung der Windenergienutzung schwieriger macht«, wenn er diese Vorgaben nicht erfüllen sollte. Mit der Ausweisung werden diese priorisiert, die Genehmigung von Anlagen an anderen Stellen im Vergleich erschwert.
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Im Stadtstaat Berlin geeignete Flächen zu finden, ist schwierig. »Völlig konfliktfreie Flächen gibt es in Berlin nicht. Viele Gebiete scheiden aufgrund gesetzlicher Vorgaben des Natur- und Artenschutzes aus«, sagt Senator Gaebler. Es gebe auch Restriktionen der Luftfahrt, sowie Verbotszonen an Autobahnen und Bundesfernstraßen. »Anhand eines objektiven Kriterienkataloges wurden aber entsprechende Flächen identifiziert.«
Diese identifizierten Flächen aber befinden sich vor allem auf Grün- und Waldflächen und in Landschaftsschutzgebieten. Carmen Schultze, Pressesprecherin des Umweltverbands BUND Berlin, kritisiert diese Auswahl als »einseitig«. »Wir halten es für problematisch, dass nur Freiflächen in Betracht gezogen wurden, versiegelte Flächen wie Gewerbegebiete hingegen gar nicht.« Mit dem Vorgehen erweise der Senat der Windkraft einen Bärendienst, so Schultze weiter. »Wir müssen Windkraft ausbauen und bewerben, dafür brauchen wir die Unterstützung der Bevölkerung.« Wenn man Anlagen nur in Wäldern und Landschaftsschutzgebieten baue, dann erreiche man das Gegenteil.
»Die Linke unterstützt den Ausbau der Windenergie«, sagt Michael Efler, Sprecher für Klimaschutz und Stadtentwicklung der Berliner Linksfraktion. Dieser sei unbedingt notwendig, um die Klimaziele zu erreichen. »Klar ist aber auch, dass es in einem Stadtstaat wie Berlin gewaltige Limits gibt.« Bezogen auf die jetzt in der Diskussion stehenden Flächen müsse man im Einzelfall prüfen, ob diese geeignet seien und ob der Ausbau mit dem Naturschutz in Einklang zu bringen sei. Efler verweist auf einen weiteren Aspekt: Stadtstaaten hätten theoretisch die Möglichkeit gehabt, bis zu 75 Prozent der gesetzlich vorgeschriebenen Flächen an Flächenländer abzugeben. Aber die Frist ist 2024 verstrichen. »Es ist ein Versäumnis, dass eine solche Vereinbarung mit Brandenburg nicht getroffen wurde.«
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