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Hausarrest oder Gefängnis
Argentiniens Oberstes Gericht bestätigt Verurteilung von Ex-Präsidentin Cristina Kirchner
Cristina Kirchner muss ins Gefängnis. Der Oberste Gerichtshof in Buenos Aires hat am Dienstag in letzter Instanz die Haftstrafe wegen Korruption gegen die ehemalige Präsidentin (2007-2015) bestätigt. Sie muss sich innerhalb von fünf Werktagen bei den Justizbehörden melden, um ihre Strafe anzutreten. Die Staatsanwaltschaft hat ihre sofortige Festnahme beantragt.
»Inhaftiert zu sein ist fast eine Bestätigung der historischen, politischen und persönlichen Würde«, kommentierte Kirchner das Urteil. Es wird erwartet, dass die 72-Jährige einen Antrag auf Hausarrest stellt, der in der Regel ab einem Alter von 70 Jahren gewährt wird. Bis über den möglichen Antrag entschieden ist, muss sie möglicherweise doch ins Gefängnis.
Entschieden ist, dass Cristina Kirchner nicht mehr bei Wahlen als Kandidatin antreten kann. Vergangene Woche hatte sie angekündigt, dass sie bei den Kongresswahlen in der Provinz Buenos Aires am 7. September antreten werde. Die Provinz Buenos Aires ist ihre politische Hochburg. Laut Umfrage liegen Kirchners Unterstützerwerte bei bis zu 30 Prozent.
Einstimmiges Urteil in letzter Instanz
Das Urteil des Obersten Gerichtshofs wird von ihr und ihrer Anhängerschaft als Kandidaturverbot bezeichnet. Cristina Kirchner war im Dezember 2022 von einem Bundesgericht zu einer sechsjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Das Gericht verhängte außerdem ein lebenslanges Verbot, öffentliche Ämter zu bekleiden. Im November 2024 wurde das Urteil von einem Berufungsgericht in zweiter Instanz bestätigt.
In dem Verfahren ging es um 51 Straßenbauprojekte in der Provinz Santa Cruz, die zwischen 2003 und 2015 von den damaligen Kirchner-Regierungen hauptsächlich an das Bauunternehmen Austral Construciones des Unternehmers Lázaro Báez vergeben worden waren. Die Summe, um die es dabei ging, beläuft sich auf umgerechnet fast eine Milliarde Euro. Acht der zwölf Mitangeklagten waren zu Haftstrafen zwischen vier und sechs Jahren verurteilt worden. Vier wurden freigesprochen. Auch diese Urteile sind seit Dienstag rechtskräftig.
Mit einem einstimmigen Urteil wiesen die drei Obersten Richter die Beschwerde Kirchners gegen die vorangegangenen Verfahren jetzt zurück. »Das Recht auf ein ordnungsgemäßes Verfahren wurde gewahrt und der Beschwerdeführer hat ein rechtmäßiges Urteil erhalten«, heißt es in der Urteilsbegründung. Die Einstimmigkeit war notwendig, da zwei der fünf Richterposten seit Längerem nicht besetzt sind und drei Zustimmungen nötig sind.
Das Urteil ist damit in letzter Instanz rechtskräftig. Cristina Kirchner hatte die Bekanntgabe des Urteils in der Zentrale der Peronistischen Partei verfolgt, deren Vorsitzende sie ist. Vor dem Gebäude hatten sich zahlreiche Sympathisanten versammelt. Als eine »Beschneidung des Wählerwillens des Volkes« hatte sie das Urteil nach dessen Bekanntgabe vor ihrer Anhängerschaft kritisiert und die drei Richter als »Hampelmänner« bezeichnet, die von oben gesteuert würden. Damit meinte Kirchner die wirtschaftlich Mächtigen im Land. Während des Prozesses wurden personelle Verstrickungen zwischen Justiz und den politischen Gegnern der Ex-Präsidentin bekannt: So soll einer der Richter mit einem der Staatsanwälte ein gemeinsames Fußballteam gehabt haben. Ihre Spiele fanden dabei unter anderem auf dem Gelände des Wochenendhauses von Mauricio Macri statt, Präsident von 2015 bis 2019 und Intimfeind von Kirchner.
Landesweite Proteste
Landesweit war es zu Protesten gekommen, zu denen die Peronistische Partei aber auch Gewerkschaften und linke Parteien aufgerufen hatten. Kurzzeitig wurden die großen Ausfallstraßen in Buenos Aires blockiert. Am Abend versammelte sich eine große Menschenmenge zu einer Mahnwache vor dem Wohnhaus von Kirchner in der Hauptstadt, die sich auf dem Balkon ihrer Anhängerschaft zeigte. Auch aus Córdoba, Bariloche und Mar del Plata wurden Unterstützerkundgebungen gemeldet.
Mit dem Urteil endet eine 17-jährige juristische Auseinandersetzung, die 2008 mit einer Anzeige wegen Korruption begann. »Es ist der Abschluss einer langen Etappe«, erklärte Paula Oliveto, die die Anzeige als Rechtsanwältin mit eingereicht hatte. »Es war eine harte Zeit, wir wurden bedroht und beschimpft, aber wir blieben ruhig, weil wir immer wussten, dass wir das Richtige taten«, begrüßte Oliveto das Urteil.
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