Neustart für Europas Linke

Aufbruchstimmung beim Gründungstreffen der European Alliance for the People and the Planet

  • Johanna Bussemer
  • Lesedauer: 3 Min.
Manon Aubry, Ko-Vorsitzende der Linksfraktion im Europaparlament, bei ihrer Rede in Porto
Manon Aubry, Ko-Vorsitzende der Linksfraktion im Europaparlament, bei ihrer Rede in Porto

Der Saal Centro de Congresso da Alfandega direkt am Ufer des Douro im schönen Porto ist voll, als am 13. Juni der Gründungsparteitag der European Alliance for the People and the Planet (ELA) beginnt. Die portugisische Linkspartei Bloco de Izquierda, eines der Gründungsmitglieder von ELA, richtet das Treffen aus, das aus einer internen Generalversammlung am Vormittag und einer offenen anderthalbtätgigen Konferenz am Freitag und Samstag besteht. Dies ist folgerichtig, da Bloco eine der treibenden Kräfte bei der Neuformierung der europäischen Linken gewesen ist. Die langjährige Parteivorsitzende Caterina Martins ist neben Malin Björk von der schwedischen Linkspartei, die das erste Mal einer europäischen Partei angehört, eine der Vorsitzenden der neuen Partei. Den relativ zahlreich erschienenen Parteimitgliedern von Bloco muss die Wahlniederlage vom 18. Mai noch tief in den Knochen sitzen, trotzdem ist die Stimmung in Porto an diesem Wochenende gut, und es weht auch ab und an ein wirklicher Hauch von Aufbruch durch die zum Transportmuseum gehörenden Hallen.

Denn neben den Vertreter*nnen der sieben Gründungsparteien von ELA und einigen Parteien, wie der norwegischen Linkspartei, die dem Bündnis aktuell beitritt, sind auch Gäste aus anderen Parteien und sozialen Bewegungen aus ganz Europa gekommen. Vitali Dudin z.B., der die ukrainische Organisation Social Neruch vertritt. Im Unterschied zur Europäischen Linkspartei können ELA nur Parteien beitreten, die in nationalen Parlamenten repräsentiert sind. Die Mehrheit der Mitgliedsparteien verfügt über Mitglieder des Europäischen Parlaments, die in der Fraktion von The Left zusammenarbeiten. Durch die zahlreichen Gäste von kleinen Bündnissen oder Parteien vor allem aus mittel- und südosteuropäischen Ländern inszeniert sich ELA aber dennoch als breit aufgestellt. Auch der Bundesgeschäftsführer von Die Linke, Janis Ehling, hält im Eröffnungsblock eine kurze, aber bemerkenswerte Rede, bei der er in Bezug auf die Abspaltung des BSW von der Linken darauf verweist, dass Spaltungen manchmal notwendig zum Überleben sein können.

Mit dem Parteitag kommt ein langer Prozess zu seinem vorläufigen Ende. Die sieben europäischen Parteien – die Mehrheit war früher Mitglied der Europäischen Linkspartei – haben bereits letztes Jahr die neue Partei registriert und die politische Ausrichtung vorbereitet. In Porto kamen nun die Spitzen ihrer Mitgliedsparteien zum ersten Mal zusammen. Auffällig ist die Dichte an Parteiprominenz. Alle Parteien sind mindestens auf der Ebene der Generalsekretäre, die meisten auch durch ihre Parteivorsitzenden vertreten. Auf dem gut durchgeplanten öffentlichen Teil des Kongresses sprechen dann alle von ihnen und zeichnen ein dann doch erstaunlich einheitliches Bild ihrer Vision der Verbindung ihrer nationalen politischen Kämpfe und der Kooperation auf der politischen Ebene. Die Themenstellungen sind keine Überraschung. Die neue europäische Partei ist pro-ukrainisch, auch wenn die Positionierung zu Waffenlieferungen hier variiert. Sie ist absolut propalästinensisch. Die finnische Europapolitikerin Li Andersson unterstreicht in ihrem Beitrag die Bedeutung des Völkerrechts für die Ausrichtung des Bündnisses. Die Workshops drehen sich ansonsten um das klassische Repertoire linker Konferenzen.

Einige der Akteure präsentieren sich dann aber doch überraschend stark. Allen voran der Generalsekretär Adrian Bompart und die Vizepräsidentin des französischen Parlaments Clémence Guetté, beide von La France insoumise. Flammend sind auch die Reden der spanischen Podemos-Politikerin Irene Montero und der Vorsitzenden von Bloco, Marina Mortagua. Es zeigt sich auch: Die neue europäische Linkspartei ist jung, feministisch und gibt sich aktionsorientiert. Man wolle weniger Resolutionen und mehr gemeinsame Aktivitäten, sind sich alle einig. Die Chancen, dass ELA dies einlösen können wird, stehen nicht schlecht, da die Koordination insbesondere innerhalb der Gruppe im EP bereits ganz gut funktioniert. Ob im Laufe der Zeit mehr politische Gräben auftauchen werden oder Führungsansprüche in der Partei und der aktuell sich in der Gründung befindlichen zugehörigen Stiftung das neue Bündnis doch noch vor große Herausforderungen stellen wird, bleibt abzuwarten.

- Anzeige -

Wir haben einen Preis. Aber keinen Gewinn.

Die »nd.Genossenschaft« gehört den Menschen, die sie ermöglichen: unseren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die mit ihrem Beitrag linken Journalismus für alle sichern: ohne Gewinnmaximierung, Medienkonzern oder Tech-Milliardär.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen sichtbar machen, die sonst untergehen
→ Stimmen Gehör verschaffen, die oft überhört werden
→ Desinformation Fakten entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und vertiefen

Jetzt »Freiwillig zahlen« und die Finanzierung unserer solidarischen Zeitung unterstützen. Damit nd.bleibt.

- Anzeige -
- Anzeige -