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Propalästinensische Aktivisten in Ägypten festgehalten
UN-Hochkommissar für Menschenrechte kritisiert israelische Kriegsführung
Seit dem Angriff Israels auf den Iran ist der Krieg im Gazastreifen weitgehend aus den Schlagzeilen. Dabei tötet die israelische Armee jeden Tag Palästinenser, bleibt die humanitäre Lage weiterhin äußerst kritisch. Seit Montagmorgen seien mindestens 20 Menschen getötet worden, berichtet der arabische Nachrichtensender Al-Jazeera unter Berufung auf Quellen aus dem Gesundheitssektor, darunter 15 in der Nähe von Verteilungszentren in Rafah, die von der umstrittenen Gaza Humanitarian Foundation (GHF) betrieben werden.
Zum Auftakt der Sitzung des UN-Menschenrechtsrats in Genf kritisierte der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, das israelische Vorgehen im Gazastreifen erneut scharf. »Israels Mittel und Methoden der Kriegsführung fügen den Palästinensern im Gazastreifen entsetzliches, unvorstellbares Leid zu«, sagte Türk. Er warf Mitgliedern der Regierung »beunruhigende, entmenschlichende Rhetorik« vor und verurteilte, dass Israel die Einfuhr von humanitärer Hilfe durch die Vereinten Nationen seit März blockiert.
Um auf die Blockade des Gazastreifens aufmerksam zu machen, haben sich in der vergangenen Woche mehrere Protestmärsche in Nordafrika Richtung Gazastreifen in Bewegung gesetzt. Ein Protestmarsch war Anfang vergangener Woche aus Tunesien gestartet, der andere, sogenannte Global March sollte von Kairo starten. Die libyschen und ägyptischen Behörden haben die propalästinensischen Protestmärsche jedoch gestoppt. In beiden Ländern kam es zu Festnahmen und Abschiebungen, so die Organisatoren. In Libyen steht ein Konvoi, der sich aus rund tausend Menschen aus Tunesien, Algerien, Marokko und Mauretanien zusammensetzen soll, vor der Stadt Sirte unter einer »Blockade« des Militärs.
Nach Angaben der Organisatoren wurden die Teilnehmer des Protestmarsches bereits am Freitag gestoppt und in drei Gruppen aufgeteilt. Es sei nun verboten, »das Lager zu betreten oder zu verlassen«, erklärten die Organisatoren, die dem Militär vorwerfen, die Teilnehmer aushungern zu wollen. Mindestens drei Teilnehmer, bei denen es sich um Influencer aus Tunesien und Algerien handeln soll, wurden demnach in Gewahrsam genommen. Sirte steht unter der Kontrolle des libyschen Generals Khalifa Haftar, dessen Truppen große Gebiete im Osten und Süden Libyens kontrollieren.
In Ägypten wurde ebenfalls am Freitag der Global March to Gaza gestoppt, an dem sich nach Angaben der Organisatoren Menschen aus 80 Ländern beteiligt hatten. »Wir wurden sechs bis sieben Stunden lang aufgehalten, bevor unsere Gruppe auf gewaltsame Art und Weise von Sicherheitskräften auseinandergetrieben wurde«, erklärte einer der Organisatoren. Einige Demonstranten seien noch immer in Gewahrsam. Auch die deutsche Aktivistin Melanie Schweizer von der Partei Mera25 berichtete von vor Ort von Gewalt durch ägyptische Polizisten bei der Zurückweisung der Marschierenden.
Am Freitag hatten mehrere Protestgruppen die ägyptische Hauptstadt Kairo in Richtung der Stadt Ismailija nahe des Suez-Kanals verlassen. Von dort sollte es weiter durch den Sinai zur Stadt Al-Arisch gehen, die etwa 350 Kilometer östlich von Kairo liegt. Schließlich wollten die Demonstranten die letzten 50 Kilometer zur ägyptischen Grenze zum Gazastreifen zu Fuß gehen. Stattdessen wurden sie mit Bussen zurück nach Kairo transportiert. Wie auf online geteilten Videos zu sehen war, wurden einigen Demonstranten die Reisepässe abgenommen, andere wurden geschlagen.
Hunderte Aktivisten waren bereits in Ismailija festgesetzt und ihre Reisepässe beschlagnahmt worden, hieß es aus Sicherheitskreisen. Die Linke-Europaabgeordnete Carola Rackete postete am Freitag ein Video auf Instagram, wonach sie selbst an einem der Checkpoints abgewiesen worden sei. Sicherheitskräfte hätten sie und die anderen Aktivisten mit Gewalt in Busse gedrängt und zurück nach Kairo geschickt. Es habe massive Polizeigewalt gegeben, sagte Rackete in einem zweiten Video, das sie aus Kairo postete.
Die Aktivisten wollen sich jedoch nicht von ihrem Plan abbringen lassen. Ihr »Ziel bleibt Gaza«, hieß es in einer Erklärung der Organisatoren des Protestmarschs. Das ägyptische Außenministerium hatte zuvor erklärt, dass Ägypten Versuche unterstütze, »Druck auf Israel« auszuüben. Jedoch müssten ausländische Delegationen vor ihrer Reise in das Grenzgebiet zum Gazastreifen eine Erlaubnis beantragen.
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