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Rechter Brandanschlag in Berlin knapp verhindert
Mieter bei Brandanschlag gegen Syrer gestoppt
Versuchter Mord, versuchte Brandstiftung und Sachbeschädigung – und das auch noch rassistisch motiviert. Die Anklage hat es in sich. Der 35-jährige Dmitry P. soll am frühen Nachmittag des 22. Dezember 2024 an der Wohnungstür seines damals 30-jährigen Nachbarn über zehn Liter Benzin verschüttet und versucht haben, es zu entzünden. Wenn das Benzin sich entzündet hätte, wäre es zu einer starken Explosion gekommen, die laut Anklage zum Tod des Geschädigten sowie eines in der Wohnung anwesenden Freundes geführt hätte.
P. nimmt zu Prozessbeginn am Montag zu den Vorwürfen Stellung. Er gibt unumwunden zu, mehrere Liter Benzin vor der Tür seines Nachbarn im zehnten Stock eines Mietshauses in der Zingster Straße in Neu-Hohenschönhausen ausgeschüttet zu haben. Aus der Wohnung seines Nachbarn sei Lärm gekommen. Bereits der Vormieter habe »Lärm« gemacht, nun auch der jetzige Mieter. Warum der angebliche Lärm nicht aufgehört hat, als der Mieter wechselte, bleibt ungeklärt.
Vor der Tat zog P. Protektoren und eine Stichschutzweste an. »Dann bin ich mit dem Kanister hoch und habe den ausgekippt; dann bin ich wieder runter und habe zwei Zigaretten geraucht.« Er habe das Benzin jedoch nicht anzünden wollen, beteuert P. »Ich dachte, wenn die das riechen, werden sie die Wohnung schon verlassen.« Stattdessen kam die Polizei. Sie fand ein Feuerzeug in seiner Jackentasche und mehrere Kanister Benzin in seiner Wohnung.
»Haben Sie ein Problem mit Ausländern?«, will der Vorsitzende Richter wissen. »Eher nicht«, sagt P. Warum habe er der Polizei dann gesagt, dass er ein Nazi sei? »Verarschen«, sagt P. lakonisch. Dennoch hat er vor der Tat einen Zettel mit einer üblen rassistischen Drohung gekritzelt, garniert mit einem Hakenkreuz und einem durchgestrichenen Davidstern. Er habe den Zettel dann aber doch nicht an die Tür des Nachbarn gehängt. »Ich dachte, das ist zu arg.« – »Aber Benzin ausschütten ist nicht zu arg?«, fragt der Richter. Da zuckt P. nur mit den Schultern.
Dass er der Polizei gegenüber gesagt habe, er wolle das Benzin anzünden, habe er ironisch gemeint. P. liefert eine erstaunliche Erklärung: »Wenn ich das Benzin ausschütte, dann komme ich in den Knast, kann Geld verdienen und meine Schulden abbezahlen.«
Der erste Zeuge an diesem Tag ist ein Polizist. Dmitry P. sei den Kollegen schon als aggressiv bekannt, so der Beamte. Als er in der Zingster Straße ankam, habe er starken Benzingeruch wahrgenommen. Der syrische Mieter habe mit einem Bekannten schon vor der Tür gestanden, sie seien »verstört« gewesen. Auch in der Wohnung von P. habe es nach Benzin gerochen. Er habe auch gesagt, dass er seine Nachbarn abfackeln wolle, weil er sie hasse. P. habe sich klar geäußert und auf den Polizisten nicht den Eindruck gemacht, dass er das ironisch meine.
Laut seinem Pflichtverteidiger ist Dmitry P. nicht vorbestraft, hatte aber bereits 2023 ein Verfahren, in dem er für schuldunfähig erklärt wurde. Eine Unterbringung in der Psychiatrie wurde damals abgelehnt, weil er als nicht gefährlich eingestuft wurde. Man habe es mit einem psychisch kranken Menschen zu tun, sagt sein Anwalt. Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt.
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