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Angriff auf buntes Freienwalde: Tatverdächtiger ermittelt

Schon einschlägig aufgefallener junger Mann soll dem Sender RBB zufolge der Neonazipartei »Der dritte Weg« nahestehen

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.
Von den 50 Plakaten, die im Vorfeld auf die Kundgebung hinwiesen, wurde die Hälfte heruntergerissen. Dieses hier blieb unbeschadet.
Von den 50 Plakaten, die im Vorfeld auf die Kundgebung hinwiesen, wurde die Hälfte heruntergerissen. Dieses hier blieb unbeschadet.

Nach dem am Sonntag erfolgten Angriff auf die Kundgebung »Bad Freienwalde ist bunt« ist dem Sender RBB zufolge ein junger Mann als Verdächtiger ermittelt worden. Weder die zuständige Staatsanwaltschaft in Frankfurt (Oder) noch die Polizei wollten sich dazu aber bislang äußern.

Eine Justizsprecherin sagte der Deutschen Presse-Agentur: »Die Staatsanwaltschaft möchte im Moment keine Auskunft geben, ob sich das Verfahren gegen einen oder mehrere Beschuldigte richtet.« Es würden alle Zeugenaussagen geprüft. »Wir stehen in enger Abstimmung mit dem Staatsschutz, um in der Sache voranzukommen.« Die Ermittler prüfen den Verdacht des schweren Landfriedensbruchs. Der RBB berichtete, der Tatverdächtige soll in Zusammenhang mit der neofaschistischen Kleinstpartei »Der Dritte Weg« stehen. Er soll in der Vergangenheit bereits durch Angriffe auf ähnliche Veranstaltungen aufgefallen sein.

Parteien und Initiativen sprachen nach dem Angriff rasch von einer rechtsextremen Attacke auf die Kundgebung, bei der mindestens drei Menschen verletzt worden sind. Der Verdacht kam nicht von ungefähr, da Augenzeugen berichteten, dass ein Dutzend mit Schlagstöcken bewaffnete Täter mit Sturmhauben in den Farben Schwarz, Weiß und Rot vermummt waren. Es sind die Farben der Flagge des alten deutschen Kaiserreichs, mit denen sich Neonazis und bevorzugt sogenannte Reichsbürger schmücken.

Personen, die der Reichsbürgerszene zuzurechnen sind, hatten sich im Januar 2023 bei einem Protest am sogenannten Kindergefängnis von Bad Freienwalde blicken lassen, als die damalige Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) dieses ehemalige Kinderheim besuchte, in dem heute eine Polizeiwache untergebracht ist. Als Baerbock an ein Mahnmal herantrat, demonstrierten auf der anderen Straßenseite lautstark 42 Männer und Frauen. Baerbock war von draußen noch gar nicht zu sehen, nur zu hören, als vom Band schon die alte Kaiserhymne »Heil Dir im Siegerkranz« und schmissige Militärmärsche erklangen. Die Leute pfiffen, tröteten und skandierten »Kriegstreiber, Kriegstreiber«.

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Zu dem Übergriff am Sonntag erklärte Florian Winkler-Schwarz vom Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg: »Dieser Angriff ist kein Einzelfall. Immer wieder werden queere Menschen Ziel rechtsextremer Angriffe – auch und gerade im ländlichen Raum. Die Täter wollen Angst säen und demokratisches Engagement einschüchtern.«

Die Arbeitsgemeinschaft Queer der Linken nannte es »unerträglich, dass Menschen, die sich für ein offenes, gerechtes Miteinander einsetzen, heute in Brandenburg um ihre körperliche Unversehrtheit fürchten müssen«. Dass Veranstaltungen, die für Vielfalt werben, Zielscheibe von Gewalt werden, sei nicht hinnehmbar und zeige, »wie dringend politisches Handeln erforderlich ist«. Die Arbeitsgemeinschaft forderte die SPD-BSW-Landesregierung auf, diese Entwicklung nicht länger auszusitzen. Rechtsextremismus und Queerfeindlichkeit müssten endlich als das bekämpft werden, was sie seien: eine ernste Gefahr für Leib, Leben und Demokratie.

Der SPD-Landtagsabgeordnete Uwe Adler hatte gefordert: »Die sogenannten beschleunigten Verfahren im Zusammenspiel zwischen Polizei und Justiz im Themenfeld ›Bekämpfung rechter Straftaten‹ müssen geprüft werden. Der Rechtsstaat sollte hier seine Wirkmächtigkeit entfalten und nach dem Prinzip ›Die Strafe muss der Tat auf dem Fuße folgen‹ reagieren.« Adler dachte dabei an eine Verurteilung zum Ableisten von Sozialstunden. Mit dpa

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