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Nationalismus als Dogma
Flaggen sind die natürlichen Gegner demokratischer Debatten
Man kann über die Stabilität der Brandmauer geteilter Meinung sein – in einem ziehen Konservative und Ultrarechte längst an einem Strang: Die historisch gebotene Zurückhaltung in Sachen Schwarz-Rot-Gold ist nicht mehr. Um sich greift Nationalismus, der den einen der Abschottung gegenüber allen Migranten dient, den anderen der Rechtfertigung einer Aufrüstungsorgie. Ins Bild passt die Idee, dass der Antritt zum Fahnenappell wieder zur Staatsbürgerpflicht werden soll.
Natürlich macht es einen Unterschied, ob Schwarz-Rot-Gold die Interessen einiger Unternehmen meint, der Ausgrenzung von allem vermeintlich Nichtdeutschem dient oder ob Russland oder alles Westliche zum nationalen Feind erklärt werden. Doch unabhängig von der Lesart besteht eine gefährliche Übereinstimmung. Das zeigt gerade der Vorschlag aus Sachsen, dass eine landesweite Beflaggung zulasten der Förderung von Demokratieprojekten gehen soll. Nationalismus ist der große Feind jeglicher demokratischer Ordnung, denn er reduziert ein ganzes Land auf nationale Interessen, die nicht zur Debatte stehen. Und er ist die Grundlage außenpolitischer Konflikte. Das macht gerade die Äußerung von Kanzler Friedrich Merz deutlich, der den Angriff Israels auf den Iran rechtfertigt mit den Worten, Israel leiste »die Drecksarbeit« auch für uns. Mit anderen Worten: Völkerrecht zählt nur, solange es den nationalen Interessen nutzt.
Um progressive Zukunftsaussichten ist es derzeit mies bestellt. Ob Entwicklungshilfe oder der Kampf gegen Pandemien, ob Klimaschutz als Umsetzung internationaler Verpflichtungen, Völkerrecht oder eine internationale Friedensordnung: Das Motto »Hoch die nationale Solidarität!« regiert und steht allem im Wege.
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