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Woidke bleibt Chef der Brandenburg-SPD
Parteitag in Cottbus bestätigt Brandenburgs altgedienten Ministerpräsidenten Dietmar Woidke als SPD-Landesvorsitzenden
Seit 35 Jahre gibt es die SPD in Brandenburg wieder, seit 35 Jahren regiert sie das Bundesland. Als Anlass des Jubiläums, wenn auch genau genommen rund einen Monat zu spät, präsentiert Generalsekretär Kurt Fischer am Samstag beim Landesparteitag in der Messe Cottbus eine Tasse. Darauf abgebildet sind die zwei bisherigen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe und Matthias Platzeck sowie die einst so populäre Sozialministerin Regine Hildebrandt und außerdem der aktuelle Ministerpräsident Dietmar Woidke.
Für Woidke ist die Tasse eine Überraschung. »Ich hab’s nicht gewusst und wenn ich das Bild gerade sehe: Ich hätte es verhindert«, reagiert Woidke darauf, dass er eine Karikatur von sich sieht. Aber Spaß beiseite, auf den Inhalt komme es an.
Schon seit 2013 ist Woidke Regierungschef und seit jenem Jahr auch SPD-Landesvorsitzender. In das Parteiamt ist er nun schon sieben Mal in Folge gewählt worden. Er hätte es nicht gewusst. Er hat nicht mitgezählt. Er hat es in der Zeitung gelesen. Mit knapp 85 Prozent der Stimmen bestätigen ihn die Delegierten am Samstag als Landesvorsitzenden. Seine Stellvertreterin bleibt Veltens Bürgermeisterin Ines Hübner. Neue zweite Stellvertreterin wird die Ex-Bundestagsabgeordnete Wiebke Papenbrock. Eigentlich war auf dieser Position kein Wechsel vorgesehen. Katrin Lange sollte weitermachen. Doch als Lange am 16. Mai ihren Rücktritt als Innenministerin erklärte, sagte sie, als stellvertretende SPD-Landesvorsitzende werde sie nun natürlich auch nicht mehr zur Verfügung stehen.
Der Rücktritt hatte seine Ursache in einem Streit um die Hochstufung der AfD vom Verdachtsfall in die Kategorie »gesichert rechtsextremistisch«. Den Weg von »Parteiverbot, Überwachung, Repression und Ausgrenzung« halte sie für falsch, da damit die inhaltliche Auseinandersetzung mit der AfD verloren gegeben werde, hatte Lange gesagt. Dem Parteitag in Cottbus bleibt sie fern.
Ministerpräsident Woidke sagt dort: »Die Einstufung der AfD als gesichert rechtsextrem ist für mich nicht nur nachvollziehbar, sondern auch konsequent.« Wenn die Einstufung von Gerichten bestätigt sei – die AfD klagte dagegen und die Verfahren laufen noch – dann sei die Frage, wie der Staat mit Beamten umgehe, die sich in einer rechtsextremistischen Partei engagieren. Es müsste auch überprüft werden, ob man diese Partei nicht verbieten könne. »Aber macht euch nichts vor«, warnt Woidke seine Genossen. Politisch und juristisch sei ein AfD-Verbotsverfahren ein langer, schwerer und steiniger Weg. Das weiß Woidke von den NPD-Verbotsverfahren 2003 und 2017, die beide scheiterten.
Deswegen sei es das beste Mittel, gute Politik zu machen, denkt Woidke. »Wir müssen im Land zeigen, dass wir es einfach können.« Die Landtagswahl 2029 wird voraussichtlich mit einer Bundestagswahl zusammenfallen, wie es 2009 schon einmal gewesen ist.
»Ich halte viele Positionen des BSW für äußerst schwierig.«
Dietmar Woidke SPD-Ministerpräsident
»Ich gebe mich nicht zufrieden mit einer SPD bei 16,4 Prozent«, sagt in einem Grußwort der SPD-Bundesvorsitzende, Vizekanzler und Bundesfinanzminister Lars Klingbeil zum niederschmetternden Abschneiden bei der Bundestagswahl im Februar. »Die SPD gehört auf Platz eins.«
In Brandenburg siegte die SPD bei der Landtagswahl im September 2024 mit 30,9 Prozent. Drei Monate vorher hatte sie in den Umfragen bei schlappen 17 bis 18 Prozent rangiert. Die AfD schien uneinholbar weit enteilt. Doch auf den letzten Metern konnte die SPD noch an ihr vorbeiziehen und 1,7 Prozentpunkten vor der AfD landen.
Woidke bildete im Dezember eine Koalition mit dem erst im Mai gegründeten BSW-Landesverband. Herausgekommen ist eine Regierung mit im Schnitt 47 Jahre alten Ministern. Zwei Minister der SPD sind 38 Jahre alt, zwei 40 Jahre und die älteste ist 48 Jahre und damit immer noch jünger als die drei Minister des BSW mit ihren 53, 62 und 65 Jahren. Ministerpräsident Woidke ist mit seinen 63 Jahren der Zweitälteste im Kabinett und der Dienstälteste ist er unangefochten.
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»Ich halte viele Positionen des BSW für äußerst schwierig«, gesteht Woidke in Cottbus. Seine SPD setzt auf militärische Stärke, rüstet die Bundeswehr auf, liefert Waffen an die Ukraine und nach Israel, wie Vizekanzler Klingbeil in Cottbus bekräftigt. Doch Woidke blieb keine andere Wahl, in Brandenburg eine Regierung zu bilden. Jetzt beschloss die Koalition am Freitag im Landtag mit nur einer Stimme Mehrheit den umstrittenen Doppelhaushalt 2025/26. Eine Selbstverständlichkeit wie ein Landeshaushalt wäre Woidke früher auf einem Landesparteitag keine Silbe wert gewesen. Doch nun ist es bereits ein Grund zur Freude, dass es eine Regierung gibt und einen Haushalt. Denn gäbe es außer dem Landtagsabgeordnete Sven Hornauf (BSW) noch einen weiteren Abweichler, wäre es um Regierung und Haushalt geschehen gewesen.
Hornauf stimmte mit der Opposition gegen den Doppelhaushalt, weil die Lehrer ab Februar pro Woche eine Stunde mehr unterrichten sollen. Das spart rund 500 zusätzliche Lehrer. Deshalb hat es neulich auch eine Demonstration von 5000 Pädagogen zum Landtag gegeben. Ministerpräsident Woidke bietet der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und dem Pädagogen-Verband am Samstag öffentlich Gespräche mit ihm und Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) an: »Bitte, die Tür steht offen.«
Später am Tage beschließt der Parteitag, dass die Ausgaben für die Bildung 2027 wieder erhöht werden sollten.
Brandenburgs SPD zählt 5800 Mitglieder, 32 Landtagsabgeordnete und vier Bundestagsabgeordnete.
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