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Agrar-Deregulierung: Antisozial und antiökologisch
Ausnahmen beim Mindestlohn wären nicht nur dreist, sondern auch gefährlich
Der gesetzliche Mindestlohn ist die absolute Lohnuntergrenze, die bundesweit und für alle Branchen verbindlich gilt. Als Ersatz für ein funktionierendes Tarifsystem soll er in wenigen Bereichen und für einige Berufseinsteiger gelten. So weit die Theorie – in der Praxis ist der bisher noch nicht einmal existenzsichernde Mindestlohn für viele Unternehmer die ausbeuterische Norm bei der Bezahlung ihrer Beschäftigten. In einigen Fällen wird er sogar illegal umgangen.
Bauernverbandschef Joachim Rukwied will die Missstände noch weiter verschärfen mit seiner Forderung, Saisonarbeitern nur 80 Prozent vom Mindestlohn zu zahlen. Das passt zum Trend, Migranten selbst das Existenzminimum zu kürzen, und ist umso dreister, wenn man bedenkt, dass die hart schuftenden Helfer bei der Spargel- oder Erdbeerernte vielerorts unter miserablen Bedingungen untergebracht sind.
Sollte der konservative Agrarlobbyist durchkommen, könnte das zudem das gesamte Lohngefüge ganz unten ins Rutschen bringen, denn viele andere Branchen werden dann Gleiches haben wollen. Daher geht es hier um eine Grundsatzfrage, und zwar in einem Moment, in dem die dringend notwendige Anhebung des Mindestlohns ansteht.
Wer wie Rukwied soziale Mindeststandards zu schleifen gedenkt, macht genauso wenig vor Umweltvorschriften halt. Sein Erfüllungsgehilfe in der Bundesregierung, CSU-Agrarminister Alois Rainer, hat gerade die Stoffstrombilanzverordnung gestoppt, auch wenn dies erhebliche Gefahren für den ohnehin unzureichenden Gewässerschutz birgt. Doch so ist es nun einmal, wenn Deregulierung unter dem Deckmantel von Bürokratieabbau zum Volkssport wird: Antisozial und antiökologisch gehen Hand in Hand.
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