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Treffen zweier Waffenbrüder
Israels Regierungschef Netanjahu trifft US-Präsident Trump, während in Katar wieder über eine Feuerpause verhandelt wird
An diesem Montag wird US-Präsident Donald Trump zum mittlerweile dritten Mal den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu im Weißen Haus empfangen. Die Beiden pflegen ein kumpelhaftes Verhältnis und eine Waffenbrüderschaft, wie man im Krieg zwischen Israel und dem Iran sehen konnte. Dazu sind die USA traditionell Israels wichtigster Lieferant hochmoderner Waffentechnologie. Das wohl wichtigste Gesprächsthema dürfte der Krieg im Gazastreifen sein. Trump hat vor einigen Tagen in seiner unnachahmlichen offensiven Art eine Waffenruhe noch in dieser Woche angekündigt.
Die Gespräche dazu sollten am Sonntag in der katarischen Hauptstadt Doha beginnen, wo die Kriegsparteien unter Vermittlung der USA, Ägyptens und namentlich Katars eine Einigung finden sollen. Die Hamas-Delegation, die sich bereits in Katar befinde, werde demnach von Unterhändler Khalil Al-Hadscha geleitet, wie aus Verhandlungskreisen verlautete. Am Sonntagvormittag berichtete ein israelischer Fernsehsender über den Abflug der israelischen Delegation nach Doha.
Feuerpause von 60 Tagen
Auf dem Verhandlungstisch liegt ein Vorschlag des Gastgebers Katar: eine Feuerpause von 60 Tagen, während der ein dauerhafter Frieden ausgehandelt und die letzten im Gazastreifen von der Hamas festgehaltenen Geiseln freigelassen werden sollen. Die genauen Bedingungen der Vermittler sind noch etwas unklar. Nach Informationen der »New York Times«, die sich auf einen israelischen Verteidigungsbeamten und einen der Hamas nahestehenden Palästinenser beruft, sehe der Vorschlag die Freilassung von zehn der noch lebenden Geiseln und die Übergabe der Leichen von 18 Entführten im Austausch gegen palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen vor.
Die israelische Seite hatte dem Vermittlungsvorschlag einer 60-tägigen Waffenruhe zugestimmt; die Hamas äußerte sich am Freitag »positiv«: Um den Krieg zu beenden »und den freien Zugang für humanitäre Hilfe zu gewährleisten, führt unsere Bewegung Konsultationen mit den Führern der palästinensischen Kräfte und Gruppierungen über den Vorschlag durch«, hieß es in einer Mitteilung der Organisation.
Hamas fordert Änderungen
Allerdings will die Hamas diesmal sichergehen, dass die zweimonatige Waffenruhe zu einem endgültigen Ende des Krieges führt, zitierte die in London herausgegebenen Zeitung »Al-Scharq Al-Awsat« eine Person aus dem Umfeld der Hamas. Laut dem Nachrichtenportal »Ynet« soll auch das israelische Sicherheitskabinett zusammengetreten sein, um Einzelheiten einer möglichen Feuerpause zu besprechen.
Die Hamas verlangt in drei Punkten Änderungen am Vorschlag. So fordert sie laut der »Times of Israel«, dass die Gespräche über eine dauerhafte Waffenruhe fortgesetzt werden, bis eine Einigung erzielt ist. Außerdem solle die Lieferung humanitärer Hilfe in Gaza wieder in die Hände der Uno und anderer internationaler Hilfsorganisationen gelegt und nicht länger von der umstrittenen Stiftung Gaza Humanitarian Foundation (GHF) kontrolliert werden. Zudem solle sich das israelische Militär auf die Positionen zurückziehen, die es vor dem Bruch der vorherigen Waffenruhe im März innegehabt hatte, berichtete die israelische Zeitung weiter.
Experten sehen Verhandlungen skeptisch
Für Israel sind die von der Hamas geforderten Änderungen am neuen Vorschlag für eine Waffenruhe »inakzeptabel«, teilte das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit. Netanjahu habe aber die Einladung zu »Annäherungsgesprächen« angenommen. Bei seinem Besuch in Washington wird sich Netanjahu sicher Rückendeckung vom US-Präsidenten holen wollen. Doch Trump ist schwer auszurechnen. Er würde gerne einen außenpolitischen Erfolg für sich verbuchen.
»Die Art und Weise, wie Verhandlungen gestaltet werden, macht mich skeptisch«, sagte Omar Rahman, Experte für Israel-Palästina beim Middle East Council for Global Affairs, gegenüber dem Nachrichtenkanal Al-Jazeera. Seiner Meinung nach ist Trump darauf fokussiert, die Freilassung der israelischen Gefangenen zu erreichen, aber nicht darauf, den Krieg und das Leiden der Menschen in Gaza zu beenden. So hatte er kurz vor Amtsantritt im Januar auf einen Waffenstillstand gedrängt, aber nichts unternommen, als die israelische Armee im März die Waffenruhe brach und die Angriffe wieder aufnahm.
Proteste in Israel für Geiselfreilassung
Mairav Zonszein, Expertin bei der International Crisis Group, zeigt sich optimistisch, aber Dauer und Bedingungen einer Waffenruhe schätzt sie als »höchst fraglich« ein, sagte sie Al-Jazeera. »Es ist auch möglich, dass wir einen Waffenstillstand erleben, der nicht von Dauer ist«, weil Israel einfach weiter bombardiere – ohne irgendwelche Konsequenzen.
Derweil gehen die Menschen in Israel weiter für die Freilassung aller Geiseln auf die Straße. »Es ist Zeit für einen Deal, der jeden rettet, die Lebenden und die Gefallenen, für einen Deal ohne ›Selektion‹«, sagte Maccabit Meyer als Rednerin auf der zentralen Kundgebung in Tel Aviv einem Bericht der »Times of Israel« zufolge. Sie ist die Tante zweier Zwillingsbrüder, die sich in der Gewalt der islamistischen Hamas befinden. Nach israelischen Angaben sind noch mindestens 20 Geiseln am Leben, dazu befinden sich noch die Leichen von 28 Verschleppten in Gaza. Mit Agenturen
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