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Dänemark wird zum Wegweiser für das DFB-Team
Im zweiten EM-Spiel geht es für Deutschlands Fußballerinnen gegen die Däninnen um eine Richtungsentscheidung
Eigentlich könnte alles so schön sein beim DFB-Team. Der EM-Start am Freitag gegen Polen wurde mit 2:0 erfolgreich gemeistert. Schon im zweiten Gruppenspiel an diesem Dienstag gegen Dänemark könnten die deutschen Fußballerinnen mit einem Sieg das Viertelfinale perfekt machen, wenn Schweden im anderen Spiel der Gruppe C nicht gegen Polen verliert. Der Turnierbeginn hätte nicht besser laufen können – wenn da dieses ärgerliche »eigentlich« nicht wäre.
Trotz der guten Ausgangslage geistern weiter einige Fragen um das Team von Bundestrainer Christian Wück. Das liegt zuallererst an der Innenbandverletzung von DFB-Kapitänin Giulia Gwinn. Die 26-jährige Rechtsverteidigerin vom FC Bayern München war als Anführerin und Stabilisatorin der neu formierten deutschen Abwehr fest eingeplant. Nach ihrer Verletzung nach gerade einmal 36 Minuten im Spiel gegen Polen muss Deutschland nun für den Rest der Europameisterschaft auf eine der wichtigsten Spielerinnen verzichten.
Deutschland sucht die richtigen Balance
»Es ist kein Einzelsport, sondern Teamsport«, erklärte Spielmacherin Linda Dallmann zwar am Sonntag im deutschen Teamquartier in Zürich. Dennoch wiegt Gwinns Ausfall schwer. Anders als in der Offensive verfügt der deutsche Kader in der Abwehr über deutlich weniger Alternativen, obwohl es Carlotta Wamser nach ihrer Einwechslung für Giulia Gwinn gegen Polen gut machte. Die 21-Jährige war an beiden deutschen Toren mit einem letzten und einem vorletzten Pass beteiligt. Allerdings ist Wamser gelernte Stürmerin. Gegen Dänemark wird sie beweisen müssen, dass sie die Rechtsverteidigerinnenrolle auch nach hinten ausfüllen kann. Oder Bundestrainer Wück beordert Ersatz-Innenverteidigerin Sophia Kleinherne nach rechts und beginnt mit einer defensiveren Startformation.
Die richtige Balance zwischen Angriff und Abwehr ist das zweite große Thema, das die DFB-Frauen weiter beschäftigt. Einerseits agierte die deutsche Mannschaft im ersten EM-Spiel sehr dominant und drückte Polen mit 70 Prozent Ballbesitz und hohem Gegenpressing über weite Strecken tief in die eigene Hälfte. Andererseits wurde es direkt gefährlich, wenn sich die Gegnerinnen aus dem deutschen Druck befreien konnten. Trotz der geringen Spielanteile gelangen den Polinnen zehn Torschüsse. Mit langen Bällen wurde die hochstehende deutsche Abwehrkette immer wieder ausgehebelt. Star-Stürmerin Ewa Pajor tauchte mehrfach mit viel Platz vor Ann-Katrin Berger im deutschen Tor auf – auch in der 36. Minute, als Giulia Gwinn mit einer Grätsche in höchster Bedrängnis gegen Pajor retten musste und sich dabei das Knie verdrehte.
Gegen Dänemark wartet nun gleich die nächste Stürmerin mit Weltklasseformat: Pernille Harder war bereits zweimal Europas Fußballerin des Jahres. In der abgelaufenen Saison erzielte die 32-Jährige 14 Bundesliga-Tore für den FC Bayern. Sie zu stoppen, wird eine der Kernaufgaben für die deutsche Abwehr. Doch die Däninnen sind auch in der Breite stärker einzuschätzen als Polen. »Wichtig ist, dass man sich das gesamte Team anschaut und sich nicht auf ein, zwei versteift«, betonte Deutschlands Linksverteidigerin Sarai Linder vor dem Duell am Dienstagabend in Basel.
Dänemarks Sturmikone und Abwehrbollwerk
Während die deutsche Defensive zeigen kann, dass sie aus den Schreckmomenten gegen Polen gelernt hat, bekommt es der Angriff des DFB-Teams mit Dänemarks physischer Abwehrreihe zu tun. Auf den Flügeln dürfte es hier zu den entscheidenden Duellen kommen. Gegen Polen wirbelten Klara Bühl auf links und Jule Brand auf rechts noch nach Belieben. Beide zogen immer wieder nach innen, flankten oder suchten selbst den Abschluss wie bei Brands Traumtor zum 1:0. »Meiner Meinung nach haben wir mit Jule und Klara die zwei besten Außenspielerinnen im Turnier«, freute sich Linda Dallmann am Sonntag über die gute Leistung ihrer Teamkolleginnen.
Dagegen dürfte Dänemark wie im ersten Gruppenspiel gegen die Schwedinnen versuchen, den Platz auf den Flügeln mit einer Fünferkette eng zu machen. Nur hinten reinstellen können sich die Däninnen aber auch nicht. Nach der 0:1-Niederlage gegen Schweden müssen Pernille Harder und Ko. gegen Deutschland punkten, um weiter eine Chance auf das Viertelfinale zu haben. Auch deswegen dürfte es ein spannendes Spiel im St.-Jakob-Park werden.
Der Favoritinnenstatus steht auf dem Spiel
Während es für Dänemark schon um alles geht, können sich die deutschen Fußballerinnen die Gewissheit holen, dass sie auch ohne Kapitänin Gwinn defensiv stabiler stehen können und weiterhin zu den Topfavoritinnen auf den EM-Titel gehören. Damit dann auch dieses ärgerliche »eigentlich« aus dem guten Turnierstart des DFB-Teams gestrichen werden kann.
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