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Ludwigsfelde: Musik und Motoren
Fahrzeugstadt Ludwigsfelde feiert ihr 60. Stadtjubiläum und das Sound-City-Festival
In der Genshagener Heide fertigte die Daimler-Benz AG ab 1936 Flugzeugmotoren für die Luftwaffe, in der DDR montierten die Beschäftigten dann Motorroller und ab 1965 Lastkraftwagen des Typs W50. Im Jahr 1986 liefen 32 500 Stück vom Band. Dann wurden es weniger davon und bis zur Wende immer mehr vom neuen Typ L60. 1991 übernahm Mercedes-Benz den zuvor volkseigenen Betrieb zurück und produziert seitdem am Standort Transporter. Dafür ist die mit 60 Jahren noch junge Stadt Ludwigsfelde bekannt.
Doch von Freitag bis Sonntag wird das Dichterviertel der Kommune zum Schauplatz des Sound-City-Festivals. 2100 Kinder und Jugendliche von 24 brandenburgischen Musik- und Kunstschulen zeigen auf sieben Bühnen ihr Können, darunter 100 Mitwirkende von der städtischen Musik- und Kunstschule Ludwigsfelde. Seit 1994 gibt es dieses mittlerweile größte Jugendmusik- und -kunstfestival des Bundeslandes. Alle zwei Jahre findet es statt und diesmal ist Ludwigsfelde der Ausrichter. Eine der sieben Bühnen ist der Prototyp einer nie in die Serienproduktion gegangenen Version des Lastkraftwagens W50 – ein echtes Unikat.
»Wir werden klassisches Festivalwetter haben, nicht zu warm, nicht zu kalt. Trocken soll es auch bleiben.«
Andreas Igel Bürgermeister
Kulturministerin Manja Schüle (SPD) kann dieses Jahr nicht kommen. Sie ist dann schon unterwegs in ihren Italien-Urlaub und schickt ihren Staatssekretär Tobias Dünow. Doch vor zwei Jahren war sie in Schwedt dabei und gerät ins Schwärmen, als sie sich am Montag daran erinnert. »Das war ein riesiges Festival, wie ich es kenne, als ich noch eine junge Frau war.« Die 48-jährige Politikerin war begeistert und wollte gar nicht mehr weg.
Das Tolle daran: Der Eintritt ist frei. Das Kulturministerium gibt zur Finanzierung 97 500 Euro, je 10 000 Euro aus Lottomitteln schießen die Staatskanzlei, das Bildungsministerium, das Umweltministerium und das Wirtschaftsministerium zu. Der Landkreis Teltow-Fläming und die Stadt Ludwigsfelde beteiligen sich mit zusammen 40 000 Euro. Zusätzlich gibt es Sponsoren wie die Mittelbrandenburgische Sparkasse und die Stadtwerke Ludwigsfelde.
Bürgermeister Andreas Igel (SPD) erwartet rund 30 000 Besucher. Sie bekommen am Freitagabend, am Samstag von zehn Uhr bis Mitternacht und am Sonntag bis zum späten Nachmittag einiges geboten. Es treten die Junge Philharmonie Brandenburg und das Landesjugendjazzorchester auf, die Junge Bläserphilharmonie und das Landesjugendakkordeonorchester, elf Chöre, 13 Tanz- und Musiktheatergruppen sowie 47 Rock-, Pop- und Jazzbands. Sogar Gäste aus dem Ausland werden sich präsentieren. Sie pflegen Partnerschaften nach Brandenburg: das Underground Youth Orchestra aus Athen zur Jungen Philharmonie Brandenburg und das Guzheng-Ensemble aus China zur Kreismusikschule Potsdam-Mittelmark. Dazu kommt noch das deutsch-polnische Jugendorchester Frankfurt (Oder)-Zielona Gora.
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Anfänger aus Kitas sind genauso zu erleben wie solche, »die es fast schon professionell machen«, erklärt die ehemalige Landtagsvizepräsidentin Gerrit Große (Linke). Von Beruf Musiklehrerin, ist die 71-Jährige nun ehrenamtlich engagiert als Präsidentin des brandenburgischen Verbandes der Musik- und Kunstschulen. »Das Festival Sound City ist der schönste Start in die Sommerferien«, wirbt Große für den Besuch wenige Tage nach der Zeugnisausgabe am Mittwoch. »Staunen Sie, was der musikalische und künstlerische Nachwuchs mit Leidenschaft und hoher Professionalität auf die Bühne bringt.«
Große staunt auch selbst nicht schlecht, wie es die Stadt Ludwigsfelde zuwege bringt, die Innenhöfe des Dichterviertels, in denen sonst die Wäsche trocknet, zum Festivalgelände umzufunktionieren. Die Anwohner »können und müssen« aus den Fenstern ihrer Wohnungen zusehen und zuhören, wie Große sagt. Das erfordert ein gewisses Fingerspitzengefühl bei der Vorbereitung, für die sich die Stadt ein Jahr Zeit genommen hat. Bürgermeister Igel verspricht mit Blick auf die Wetterprognose: »Wir werden klassisches Festivalwetter haben, nicht zu warm, nicht zu kalt. Trocken soll es auch bleiben.«
»Die beim Festival auftretenden Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen stehen für eine erfolgreiche Talentförderung und sind damit auch Aushängeschild unserer Kunst- und Musikschulen mit ihren qualifizierten und hochengagierten Lehrkräften«, meint Kulturministerin Schüle. Sie freut sich, dass das Land Brandenburg die Unterstützung für diese Schulen trotz schwieriger Haushaltslage 2025 von 5,1 Millionen Euro auf 5,6 Millionen aufstocken konnte. Im kommenden Jahr steigt der Betrag auf 6,1 Millionen Euro. Der Verband der Musik- und Kunstschulen hatte 20 Millionen Euro zusätzlich gefordert. Das klingt enorm, erklärt sich aber aus einem Sozialgerichtsurteil von 2022, das verlangt, die Honorarkräfte fest anzustellen.
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