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DGB verteidigt Ausbildungsplatzumlage gegen Unternehmerkritik
Gewerkschaften verweisen auf erfolgreiche Umlagen in manchen Branchen
In der zunehmend kontrovers geführten Debatte um eine Ausbildungsplatzumlage bekräftigt der Deutsche Gewerkschaftsbund seine Unterstützung für das umstrittene Senatsprojekt. »Wir unterstützen es, dass man jetzt mit dem parlamentarischen Verfahren startet«, sagte Nele Techen, stellvertretende Vorsitzende des DGB-Bezirks Berlin-Brandenburg, am Montag bei einer Pressekonferenz. Der DGB setze sich schon seit Jahren dafür ein, dass die Ausbildungszahlen erhöht werden. »Dafür müssen die Kosten der Ausbildung solidarisch verteilt werden«, so Techen.
Der Gesetzesentwurf für den geplanten »Ausbildungsunterstützungsfonds« sieht vor, dass alle Unternehmen einen Beitrag an einen Fonds abgeben müssen, aus dem wiederum Unternehmen, die ausbilden, gefördert werden sollen. Ob die Umlage eingeführt wird, hängt davon ab, ob es dem Berliner Ausbildungsbündnis aus Verwaltung, Unternehmen und Gewerkschaften bis Ende des Jahres gelingt, das vereinbarte Ziel von 2000 zusätzlichen Ausbildungsverträgen zu erreichen. Weil das Gesetz zur Ausbildungsumlage bereits jetzt auf den Weg gebracht wird, um bei Verfehlen des Ausbildungsziels direkt in Kraft treten zu können, wurde die Kritik aus der Wirtschaft zuletzt lauter.
Beim Gewerkschaftsbund kann man die Angst der Unternehmen nicht nachvollziehen. »Es müsste doch das ureigenste Interesse der Unternehmen sein, dass genügend ausgebildet wird«, sagte Techen. In der Debatte würden zahlreiche »Mythen« verbreitet. So sei es falsch, dass die Unternehmen von der Umlage finanziell belastet würden. Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft habe gezeigt, dass eine Ausbildungsumlage vor allem Kleinst- und Großunternehmen belasten würde, während Unternehmen mit einer Größe zwischen fünf und 250 Mitarbeitern profitieren würden. »Die Kleinstunternehmen können mit einer Bagatellgrenze von der Umlage ausgenommen werden«, erklärte Techen.
Christine Heydrich kennt die Umlage schon aus der Praxis: Sie ist Geschäftsführerin der Sozialkasse des Baugewerbes, wo es bereits seit 1976 eine Ausbildungsplatzumlage gibt. »Alle Beteiligten erachten das Modell als positiv«, sagte sie. So sei die Ausbildungsquote in der Bauwirtschaft nach der Einführung innerhalb weniger Jahre von 1,8 Prozent auf über 5 Prozent gestiegen. »Unter diesen Wert ist sie seitdem nicht mehr gefallen«, so Heydrich.
Aus der Umlage werden in der Baubranche laut Heydrich den Betrieben 17 Monate der Ausbildungsvergütung erstattet; zudem wird ein überbetriebliches Ausbildungszentrum aus den Mitteln finanziert. Für die Verwaltung sei gerade mal eine Vollzeitstelle notwendig. »Das ist kein Hexenwerk«, so Heydrich. Zwar sei die Ersterfassung aufwendig, doch danach seien nur wenige Ressourcen notwendig.
»Warum soll das nicht auch in anderen Branchen funktionieren?«, fragte DGB-Funktionärin Techen. Der Gesetzesentwurf der Senatsarbeitsverwaltung sieht vor, dass Betriebe von der gesetzlichen Umlage befreit werden können, wenn sie eine tarifliche Umlage beschließen. Beim DGB hofft man offenbar darauf, dass sich möglichst viele Branchen auf diesen Weg machen. »Wir sind die Letzten, die sich einer tariflichen Lösung verweigern«, sagte Techen.
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