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Digitale Einbürgerung: Effizienz nur für Biodeutsche?
Dass in Berlin Anträge auf Einbürgerung digital gestellt werden können, sorgt für Empörung. Zu Unrecht, findet David Rojas Kienzle
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) kritisiert die »digitale Einbürgerung« in Berlin. Der »Bild« sagte er, die Genauigkeit der Prüfung könne der einzige Maßstab sein. »Eine Einbürgerung setzt voraus, dass der Antragsteller sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennt und erklärt, dass er keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen verfolgt. Jeder Antragsteller muss sich zur besonderen historischen Verantwortung insbesondere für den Schutz jüdischen Lebens bekennen.« Er könne sich schwer vorstellen, dass das ohne persönliche Vorsprache funktioniere.
Hintergrund der Kritik ist, dass Berliner seit Anfang 2024 ihren Einbürgerungsantrag digital stellen können. Das ist eine konsequente Umsetzung der E-Government-Strategie des Landes, besonders häufig nachgefragte Verwaltungsabläufe prioritär zu digitalisieren. Dieses Kriterium ist zweifellos erfüllt: Anfang des Jahres waren rund 80 000 Einbürgerungsanträge offen, die Verwaltungsgerichte sind überlastet mit Untätigkeitsklagen.
Rechtlich betrachtet ist die Einbürgerung kein Gnadenakt. Erfüllen Antragsteller die entsprechenden Voraussetzungen, haben sie einen Rechtsanspruch darauf. Das Verfahren ist extrem aufwendig und umfasst sowohl eine Überprüfung durch die Sicherheitsbehörden als auch allerlei Bekenntnisse. Der entscheidende Unterschied zum bisherigen Vorgehen: Die erforderlichen Unterlagen müssen nicht mehr persönlich zum Amt gebracht werden. Dies entlastet sowohl die Verwaltung als auch die Antragsteller. Das zeigt: Obwohl eine effiziente digitale Verwaltung eigentlich von allen Parteien propagiert wird, schwindet die Zustimmung schnell, wenn von dieser Effizienz die »falschen« Personen profitieren.
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