Kürzeste Tram Berlins kann im nächsten Jahr kommen

BVG kündigt Baubeginn für neue Linie 22 im kommenden Frühjahr an

Gute Fahrt! Ab 2026 können die Bauarbeiten an der Tram-Linie 22 beginnen.
Gute Fahrt! Ab 2026 können die Bauarbeiten an der Tram-Linie 22 beginnen.

Sie wird nur maximal acht Haltestellen haben und keine vier Kilometer lang sein: Die neue Straßenbahnlinie 22, die im Herbst kommenden Jahres den Betrieb aufnehmen könnte. Denn die Voraussetzung für ihre Einführung, das neue Wendegleis am Blockdammweg in Karlshorst, soll bis dann fertiggestellt sein, wie die Berliner Verkehrsbetriebe auf Anfrage von »nd« mitteilen.

Dann könnten Tausende Anwohner entlang der Köpenicker Chaussee und Hauptstraße in Rummelsburg endlich in den Genuss des lange versprochenen Zehn-Minuten-Takts kommen. Denn bisher fährt dort die Linie 21 nur alle 20 Minuten. Insbesondere für die in den letzten Jahren neu gebaute Parkstadt Karlshorst mit tausend Wohnungen am Blockdammweg ist die aktuelle BVG-Anbindung kein Argument, das Auto stehenzulassen.

Neue Gleise in Karlshorst

Beginnen sollen die Arbeiten für das neue Wendegleis im März 2026. Für das anschließende zweite Quartal ist die Sperrung des Bereichs Ehrlichstraße/Blockdammweg/Wandlitzstraße für den Verkehr angekündigt. Das geht aus der Antwort auf eine Schriftliche Anfrage des SPD-Abgeordneten Andreas Geisel hervor. Zeitgleich sollen in der Ehrlichstraße 1400 Meter Straßenbahngleis erneuert werden. Dies sei »zwingend notwendig«, um die »weitere Betriebssicherheit auf diesem Abschnitt zu gewährleisten«.

In der Ehrlichstraße liegen noch Gleise aus DDR-Zeiten. Eine Grunderneuerung ist schon lange vorgesehen. Da die BVG jedoch von der Senatsverkehrsverwaltung beauftragt worden ist, in diesem Zuge auch Fahrradinfrastruktur mitzuplanen und zu bauen, ist für die Arbeiten ein aufwendiges Planfeststellungsverfahren nötig. Es hat noch nicht einmal begonnen.

Stilllegung in Friedrichshain

Das nicht enden wollende Planfeststellungsverfahren für die Verlegung der Straßenbahnlinie 21 zum Ostkreuz ist auch der Grund dafür, dass die Verstärkungslinie 22 zunächst so kurios kurz ausfallen könnte. Denn spätestens Ende dieses Jahres muss wegen verschlissener Gleise aus DDR-Zeiten der Abschnitt zwischen der Haltestelle Holteistraße in Friedrichshain und Marktstraße in Lichtenberg stillgelegt werden. Weil die Strecke mit Eröffnung des Neubauabschnitts über den Bahnhof Ostkreuz nutzlos wird, soll kein Geld mehr investiert werden.

Ob das neue Wendegleis am Blockdammweg wenigstens den Anwohnern in Rummelsburg und Karlshorst bald Vorteile bringt, ist noch gar nicht ausgemacht. »Aktuell wird geprüft, ob sich ein 10-Minuten-Takt bereits vor Fertigstellung der geplanten Neubaustrecke Ostkreuz und der Einführung der Verstärkerlinie 22 umsetzen lässt«, heißt es von der BVG auf Anfrage von »nd«. Die Entscheidung zur genauen Umsetzung wird »in enger Abstimmung zwischen Senat und BVG getroffen«, so das Landesunternehmen weiter.

Baurecht irgendwann, vielleicht

Wieder einen Termin gerissen hat auch das Planfeststellungsverfahren für die Tram Ostkreuz. In einem Senatsdokument vom April war noch ein Erörterungstermin im Juni/Juli 2025 angekündigt. Bei diesem Termin werden die im Verfahren eingegangenen Einwendungen diskutiert, um eine Einigung zu erzielen, bevor eine endgültige Entscheidung getroffen wird. »Derzeit finden Abstimmungen mit der Planfeststellungs- und Anhörungsbehörde zur konkreten Terminierung des Erörterungstermins statt«, teilt die BVG mit.

Bereits vor acht Jahren ist das Planfeststellungsverfahren für die etwas über einen Kilometer lange Strecke eingeleitet worden. Nach diversen Fehlern im Verfahren sind die Unterlagen im Juni und Juli 2024 zum dritten Mal ausgelegt worden. Weil es dabei erneut einen Fehler gab, sind die korrigierten Dokumente schließlich bisher das letzte Mal im August und September 2024 ausgelegt gewesen.

Ziellose Überlegungen

2022 wurde öffentlich bekannt, dass die Berliner Feuerwehr Einwände wegen der Gewährleistung des zweiten Rettungsweges im Brandfall hatte. Es müsse möglich sein, von der Straße anzuleitern ohne das Risiko von Stromüberschlägen von der Oberleitung. Jahrelang wurde über verschiedene umständliche technische Lösungen diskutiert, die von Experten allesamt als unrealistisch eingeschätzt worden sind.

In der Ehrlichstraße liegen noch Gleise aus DDR-Zeiten, eine Erneuerung ist schon lange vorgesehen.

Nun ist in einem aktuellen Hauptausschuss-Dokument zu lesen, dass laut BVG »die bisher geprüfte Sonderlösung der Fahrleitungsanlage als nicht konsens- und genehmigungsfähig angesehen« werde. »In diesem Zusammenhang wird nunmehr ein alternativer Ansatz einer herkömmlichen Fahrleitungsanlage geplant, die sowohl die Anforderungen der Feuerwehr als auch die Bedürfnisse des Straßenbahnbetriebs berücksichtigt«, heißt es weiter.

Neonrosa Vorzeichen

Recht zielorientiert scheint es hingegen beim Bau des neuen Gleiswechsels in der Boxhagener Straße voranzugehen. Er ist nötig, damit die Linie 21 bis zur Inbetriebnahme der Neubaustrecke über das Ostkreuz aus Richtung Bahnhof Lichtenberg wenigstens bis hier verkehren kann und nicht bereits am Bersarinplatz wenden muss.

Vor einigen Tagen sind entsprechende neonrosa Markierungen und Messpunkte im Bereich zwischen Gryphius- und Krossener Straße aufgetaucht. 1,4 Millionen Euro an Kosten werden für den Einbau der Gleisverbindung und den späteren Ausbau nach Inbetriebnahme der Neubaustrecke veranschlagt.

Millionensummen im Spiel

Das ist zumindest günstiger als die Grunderneuerung der rund 900 Meter verschlissener Altstrecke zwischen den Haltestellen Holteistraße und Marktstraße, für die die BVG im vergangenen Jahr Kosten von 3,5 Millionen Euro ermittelt hatte. Einen Kostenrahmen für eine mögliche Teilsanierung der Gleise teilte die BVG in der Antwort auf eine explizite Fragestellung der Linke-Abgeordneten Hendrikje Klein nicht mit.

Sollte es noch dieses Jahr einen Planfeststellungsbeschluss geben, sei »eine Sperrung der Bestandsstrecke Boxhagener Straße/Marktstraße bautechnisch ab Mitte 2027 bis zur Inbetriebnahme der Neubaustrecke Ostkreuz notwendig«, heißt es von der BVG. Das ist zumindest ein nachvollziehbarer Hinweis, warum kein Geld mehr in die stillzulegende Altstrecke gesteckt werden soll.

Angesichts der Planungshistorie der Tram Ostkreuz wäre es jedoch eine echte Überraschung, wenn noch 2025 Baurecht für die Strecke vorliegen sollte. Schließlich gibt es eine lautstarke Anwohnerinitiative, die die neue Strecke ablehnt. Eine hohe dreistellige Anzahl an Einwendungen ist im Verfahren eingegangen.

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