Sperrung der U5: Über sechs Wochen Ersatzbus durch Lichtenberg

Einen Monat später als zunächst geplant starten die Bauarbeiten zwischen Tierpark und Friedrichsfelde

Ab Montag fahren zwischen den Stationen Frankfurter Allee und Tierpark keine Bahnen der U-Bahn-Linie 5.
Ab Montag fahren zwischen den Stationen Frankfurter Allee und Tierpark keine Bahnen der U-Bahn-Linie 5.

Diesen Montag geht es nun wirklich los auf der U5. Zwischen den Bahnhöfen Friedrichsfelde und Tierpark erneuern die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) Weichen und bauen zusätzliche ein. Ganz unterbrochen wird die Linie bis 21. September zwischen Frankfurter Allee und Tierpark. Stattdessen sind Ersatzbusse unterwegs. Zwischen Tierpark und Biesdorf-Süd pendelt ein Zug tagsüber alle siebeneinhalb Minuten, abends und sonntags alle zehn Minuten.

Die Fahrt von Frankfurter Allee bis Biesdorf-Süd laut BVG-Fahrplanauskunft mit Ersatzbus und Pendelzug dann 19 Minuten, statt aktuell zehn Minuten mit der durchgehenden U-Bahn. Wenn sich auf der Frankfurter Allee die Autos stauen, dürfte es noch länger dauern. Für viele Verbindungen ist es sinnvoll, den Abschnitt mit der S5 zu umfahren. Diese berührt immerhin viermal die U5: an den Bahnhöfen Wuhletal, Lichtenberg, Alexanderplatz und Hauptbahnhof.

30 Gelenkbusse als Ersatz

Für den Bus-Ersatzverkehr wird einiger Aufwand getrieben. Bis zu 30 Gelenkbusse werden gleichzeitig im Einsatz sein. Immer drei sollen als Kolonne gleichzeitig an der Frankfurter Allee und am Tierpark starten.

Laut BVG ist die Erneuerung des Streckenabschnitts dringend nötig. Die bestehenden Weichen haben ihre maximale Liegedauer erreicht. Nach 30 bis 40 Jahren Betrieb müssen Gleise getauscht werden. Die zusätzliche Gleisgabelung soll im Falle künftiger Bauarbeiten den Betrieb flexibler machen. Die Züge sollen dann zwischen Tierpark und Friedrichsfelde im Zweifelsfall in beiden Richtungen auf dem Gegengleis fahren können. Bisher ist das nur für stadteinwärts fahrende Züge möglich.

Ursprünglich hätten die Arbeiten bereits am 30. Juni beginnen und bis 31. August dauern sollen. Die Haltestellen für die Ersatzbusse waren bereits aufgestellt, doch wenige Tage vor dem Baustart sagte die BVG die Maßnahme vorerst ab. Entgegen vorheriger Zusagen hatte der Hersteller die bestellte Weiche nicht geliefert.

Deutlich kürzere Bauzeit

Für die Fahrgäste war dieser Umstand eher von Vorteil. Denn die Sperrung fällt nun zwei Wochen kürzer aus als ursprünglich geplant. Statt 62 Tagen sind es nur noch 48. »Durch eine gezielt verdichtete Arbeitsweise können die Maßnahmen jedoch schneller als ursprünglich geplant durchgeführt und die Auswirkungen auf unsere Fahrgäste damit so gering wie möglich gehalten werden«, heißt es von der BVG auf Anfrage von »nd«.

Für die BVG bedeutete das jedoch erheblichen Zusatzaufwand. Nicht nur, weil Dienstpläne wieder geändert, sondern auch, weil mit beauftragten Bauunternehmen neue Termine gefunden werden mussten. Fehlende Genehmigungen oder Bauteile gehören inzwischen zum Alltag. Dazu kommen auch extreme Kapazitätsengpässe bei Baufirmen. Überall fehlt es an Personal. Nach einer Absage kann es Monate dauern, bis ein neuer Termin gefunden ist, an dem Arbeiten stattfinden können.

Warten auf Weichen

Bei der Lieferung von Weichen kommt es immer wieder zu Engpässen. Es gibt nur eine Handvoll Hersteller, die ihre Kapazitäten an die jahrelang wegen unterlassener Investitionen niedrige Nachfrage angepasst haben. Der Straßenbahnbereich der BVG hat in Hohenschönhausen inzwischen eine große Fläche, wo die Einzelteile großer Weichen- und Kreuzungskonstruktionen bis zu ihrem Einbau zwischengelagert werden können.

Manche der komplizierten Stahlkunstwerke sind zu spät geliefert worden und konnten daher bei geplanten Arbeiten nicht eingebaut werden. Bei anderen waren die Pläne lange vor Beginn der Bauarbeiten fertig und sie wurden frühzeitig bestellt. Es sind Millionenwerte, die dort wegen der Koordinierungsprobleme zwischen Baufirmen, Genehmigungen und Bauteilen zum Teil jahrelang auf ihren Einsatz warten. Eine Weiche kostet derzeit zwischen 60 000 und 120 000 Euro.

Einige Verkehrsbetriebe, wie etwa die aus Leipzig, Dresden und Wien, verfügen über eigene Fertigungsstätten für Weichen oder deren Ersatzteile und sind damit deutlich weniger abhängig von den Launen der Hersteller.

Kompliziertes Bauen im Tunnel

Dass für den Tausch von ein paar Weichen und den Einbau von zwei neuen rund anderthalb Monate Zeit benötigt werden, liegt auch an den extrem ungünstigen Arbeitsbedingungen im Tunnel. Es gibt kaum Platz, um Materialien zwischenzulagern. Der Einsatz von schwerem Gerät mit Ausnahme von Baggern ist kaum möglich. Es ist praktisch Gleisbau wie vor 100 Jahren – allerdings mit deutlich weniger Personal und unter aktuellen Arbeitsschutzbedingungen. Das verlängert die Bauzeit erheblich gegenüber früheren Zeiten.

Baubedingte Sperrungen werden die Fahrgäste der U5 auch die nächsten Jahre begleiten. Direkt im Anschluss an die laufenden Arbeiten in Lichtenberg kündigt die BVG weitere in Hellersdorf an. Vom 22. bis 25. September soll das Schotterbett der Gleise zwischen den Bahnhöfen Kaulsdorf-Nord und Cottbusser Platz stabilisiert werden. Zwischen Wuhletal und Hellersdorf fahren dann Ersatzbusse statt Bahnen, weiter bis Hönow pendelt die U-Bahn im Zehn-Minuten-Takt.

Für 2026 sind Gleiserneuerungen zwischen Kaulsdorf-Nord und Hellersdorf angesetzt. Außerdem sollen in Kienberg und Wuhletal neue Weichenverbindungen eingebaut werden. 2027 sollen die Weichen zwischen den Bahnhöfen Elsterwerdaer Platz und Wuhletal getauscht werden. Außerdem ist die Sanierung des U-Bahn-Tunnels unter der Frankfurter Allee vorgesehen. Das dürfte sich auch deutlich an der Oberfläche bemerkbar machen. Denn in der Regel müssen Tunnels aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg bei diesen Arbeiten auch von außen neu abgedichtet werden. Dafür muss die Straße aufgegraben werden.

Teilautomatisch durch den Tunnel

Ein paar Tage der aktuellen Sperrung gehen auch aufs Konto der Erneuerung der Sicherungstechnik. Bis 2029 soll die U5 mit dem neuen Signalsystems CBTC ausgerüstet werden. Mit dieser funkbasierten Zugsicherungstechnik wird U-Bahn-Betrieb automatisiert und digitalisiert. Statt der bisherigen ortsfesten Signale sichern digitalisierte Signale und Meldungen den Betrieb.

Mit der Umstellung in vier Jahren soll die U5 dann teilautomatisiert fahren. Dabei wird weiterhin Fahrpersonal an Bord sein, den Fahrgastwechsel und die Strecke überwachen und jederzeit eingreifen können. Die Fahrt von Station zu Station nach Erteilen des Abfahrauftrags wird jedoch vollautomatisiert erfolgen. 2032 soll auch die U8 auf die neue Signaltechnik umgestellt sein.

Die Erneuerung der Sicherungstechnik ist so oder so nötig, da der Hersteller des derzeit eingesetzten Systems die Produktion von Ersatzteilen eingestellt hat. Technisch könnte dann die U5 auch im wesentlich dichteren Takt als derzeit gefahren werden. Es sieht aber nicht danach aus, dass der Senat die nötigen zusätzlichen Züge finanziert, sodass sich für die Fahrgäste – abgesehen von einer im Minutenbereich verkürzten Fahrzeit – wenig ändern dürfte.

Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen

Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.