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Eisenhüttenstadt: Mit Pauken und Trompeten gegen Grenzzäune
Netzwerk Lebenslaute plant musikalische Kundgebung für bessere Bedingungen in Brandenburger Asyleinrichtung
An diesem Donnerstag planen mehrere Organisationen unter dem Motto »Mit Pauken und Trompeten gegen Grenzzäune und Raketen« eine musikalische Protestveranstaltung vor der Erstaufnahmestelle in Eisenhüttenstadt. Auf dem Gelände der Einrichtung ist auch die Zentrale Ausländerbehörde angesiedelt, ebenso wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Geplant ist neben unterschiedlichen Redebeiträgen vor allem ein Konzert für die rund 1000 Bewohner der Asyleinrichtung. Damit wollen die Organisatoren nicht nur ein Zeichen des Willkommens setzen, sondern die menschenunwürdigen Bedingungen vor Ort in den Fokus der Öffentlichkeit rücken. Mit dabei: der Berliner Rapper Sechser von der Crew Teuterekordz.
Federführend organisiert wird die Kundgebung vom Netzwerk Lebenslaute. »Wie auch viele andere reiche Länder führt Deutschland Krieg, eskaliert die Klimakatastrophe und beutet seit vielen Jahrzehnten die Länder des globalen Südens aus«, sagt Viola Forte von Lebenslaute zu »nd«. Wenn die Menschen dann vor den unerträglichen Zuständen hierherfliehen, »landen sie unter Umständen in Orten wie Eisenhüttenstadt«, so Forte weiter. Dort würden ihre Grundrechte missachtet und sie würden für rassistische Hasskampagnen instrumentalisiert. Dagegen wollen die Mitglieder von Lebenslaute entschieden auftreten. Sie fordern die Schließung aller Lager und den Stopp aller Abschiebungen.
Unter dem Namen Lebenslaute engagieren sich seit 1986 Musiker, um klassische Musik gerade dort zum Klingen zu bringen, wo dies nicht erwartet wird: »auf Militärübungsplätzen und Abschiebeflughäfen, vor Atomfabriken und Raketendepots, in Ausländerbehörden und an anderen menschenbedrohenden Orten«. Die offene Musik- und Aktionsgruppe arbeitet dabei nicht nur mit antirassistischen Gruppen wie Women in Exile zusammen, sondern auch mit lokalen Organisationen wie der Linksjugend aus der einstigen sozialistischen Wohnstadt.
Mit der Aktion wolle man darauf aufmerksam machen, »wie miserabel die aktuelle Lage für geflüchtete Menschen in Hütte ist«, sagt Jacob von der Linksjugend Solid zu »nd«. Das sogenannte Dublin-Zentrum, das direkt bei der Erstaufnahmestelle angesiedelt ist, diene dazu, »geflüchtete Menschen einzuschüchtern und sie ohne größere Hindernisse abzuschieben«. In das Bild passe auch, so der Sprecher der Linksjugend weiter, dass der Ort der Unterbringung abseits des Stadtkerns gelegen sei und die Menschen dort stark isoliert sind, weil kaum Unterstützung von außen komme.
Die Kundgebung soll auch dabei helfen, sich mit verschiedenen linken Gruppen und antirassistischen Organisationen aus Brandenburg zu vernetzen. Dies könnte der Linksjugend die Möglichkeit bieten, stärkere Strukturen zur Unterstützung und zum Schutz geflüchteter Menschen in Eisenhüttenstadt aufzubauen.
Ein weiteres Anliegen ist es, einen Raum zu bieten, damit Menschen mit und ohne Fluchterfahrung zusammenkommen und sich kennenlernen können. Deshalb soll auf der Manifestation auch gemeinsam gegessen, getrunken und gefeiert werden.
Am Samstag findet ebenfalls unter dem Motto »Mit Pauken und Trompeten gegen Grenzzäune und Raketen« eine weitere Kundgebung in der Landeshauptstadt Potsdam statt. Von 11 bis 15 Uhr wird am »Denkmal für den unbekannten Deserteur« musiziert. Dort wird auch der antimilitaristische Charakter der Veranstaltungsreihe deutlich. Am 80. Jahrestag des Atombombenabwurf auf die japanische Stadt Nagasaki steht neben Musik eine »Begegnung mit einem russischen und einem ukrainischen Deserteur« auf dem Programm. Am Abend findet dann das große Konzert in der Französischen Kirche am Bassinplatz statt.
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