Geflüchtete in Eisenhüttenstadt: »Polen ist nicht sicher«

In einer öffentlichen Stellungnahme fordern von Abschiebung Bedrohte die Abschaffung des »Dublin-Zentrums«

Schon die Bedingungen in der Erstaufnahme-Einrichtung in Eisenhüttenstadt wurden von Geflüchteten stark kritisiert. Im neuen Dublin-Zentrum auf dem Gelände soll es noch schlimmer sein.
Schon die Bedingungen in der Erstaufnahme-Einrichtung in Eisenhüttenstadt wurden von Geflüchteten stark kritisiert. Im neuen Dublin-Zentrum auf dem Gelände soll es noch schlimmer sein.

In der Debatte um illegale »Zurückweisungen« nach Polen an der deutsch-polnischen Grenze melden sich Geflüchtete aus dem sogenannten Dublin-Zentrum in Eisenhüttenstadt zu Wort. Die Einrichtung wurde speziell für jene Geflüchtete geschaffen, die vor der Einreise bereits in einem anderen EU-Staat registriert wurden oder über ein vermeintlich sicheres EU-Land nach Deutschland eingereist sind. Deshalb sollen sie abgeschoben werden.

»Wenn wir nach Polen abgeschoben werden, ist das Risiko für uns sehr hoch, wieder ins Gefängnis zu kommen. Das sagte uns auch die polnische Grenzpolizei«, heißt es in einer Stellungnahme von Geflüchteten in Eisenhüttenstadt, die der Brandenburger Flüchtlingsrat am Donnerstag veröffentlichte. Die Geflüchteten sprechen von furchtbaren Erfahrungen in Polen: »Viele von uns mussten in Asylgefängnissen, umzäunt von vier bis fünf Zäunen (mit Elektro- und Stacheldrahtzäunen) leben.« Diese Bedingungen hätten unter anderem zu einer hohen Suizidgefahr und Depressionen geführt. Deshalb fordern die Geflüchteten die Abschaffung des Abschiebezentrums: »Polen ist nicht sicher.«

Auch die Situation im Dublin-Zentrum sei schlimm. »Auf unserer Plastikkarte steht ein ›D‹, das für ›Dublin‹ steht. Jeder weiß, dass wir die zukünftig nach Polen Abzuschiebenden sind. Wir werden anders behandelt als die anderen im Lager. Wir wurden ins Dublin-Lager ausgesondert. Es ist beschämend für uns«, schreiben die Geflüchteten in dem Brief. Sie berichten, dass sie ihre Türen und Schränke nicht abschließen können und die Zimmer täglich von Sozialarbeiter*innen und Sicherheitskräften durchsucht würden.

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Die Geflüchteten beklagen außerdem, keine »finanzielle Unterstützung in Form von Taschengeld« zu erhalten. »Einige von uns leben seit drei Monaten hier, ohne Geld zu bekommen. Wir sind nicht in der Lage, Anwälte, Kleidung und andere notwendige Dinge zu finanzieren.« Mitte Mai sagte laut Angaben des RBB der Leiter der Zentralen Ausländerbehörde in Eisenhüttenstadt, Olaf Jansen, dass die Geflüchteten im Dublin-Zentrum doch Taschengeld bekämen. Zuvor hatte Brandenburgs ehemalige Innenministerin Katrin Lange (SPD) gesagt, dass es keine Leistungen nach dem Asylbewerbergesetz geben würde, nur »Bett, Brot und Seife«.

Die Geflüchteten fordern »ein faires Asylverfahren, das die unmenschliche Behandlung in Polen berücksichtigt«, und eine »normale Unterbringung mit anderen Geflüchteten. Die Trennung bedeutet Angst, Kontrolle, Konfrontation mit der Polizei in der Nacht, und das tagtäglich.«

Der neue Brandenburger Innenminister René Wilke (parteilos, für SPD) äußerte sich bislang zurückhaltend über einen Weiterbetrieb des Zentrums in Eisenhüttenstadt, weil durch die verschärften Grenzkontrollen weniger Geflüchtete in Brandenburg ankämen. Nach Angaben Jansens von Mitte Mai sind im Dublin-Zentrum nur 33 Menschen registriert. Ausgelegt ist die Einrichtung auf 150 Menschen. Von den Registrierten seien 15 untergetaucht.

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