- Sport
- 2. Bundesliga
Hertha BSC gegen den Karlsruher SC: Ein freundschaftliches Remis
Die Berliner und der KSC trennen sich im Olympiastadion torlos
Den Sonntag konnten einige hundert Berliner Polizisten zum Planschen im Havelwasser nutzen. Schließlich sind Aufeinandertreffen zwischen Hertha BSC und dem Karlsruher SC seit Ewigkeiten so konfliktträchtig, wie es einst das Woodstock-Festival war. Die Fans beider Vereine verbindet eine jahrzehntelange Freundschaft, wie sie in dieser Intensität sonst allenfalls noch von den Anhängern von Schalke 04 und des 1. FC Nürnberg gelebt wird.
49 Jahre später
1976 sollen ein paar außerplanmäßig zu früh im Badischen gelandete Hertha-Fans am dortigen Bahnhof mit Prügel gerechnet haben, stattdessen bekamen sie von den Einheimischen die Substanz, die den Fußball im Innersten zusammenhält: Bier. 49 Jahre später ist die Verbrüderung allumfassend – bis in die Führungsebenen. Mit dem 2022 verstorbenen Hertha-Präsidenten Kay Bernstein, dem einstigen Vorsänger in der Ostkurve, waren sowohl KSC-Präsident Holger Siegmund-Schultze als auch führende Köpfe der KSC-Ultraszene befreundet.
Und so sah man auch am Sonntag schon Stunden vor Anpfiff der Partie Hunderte zum Teil bereits reichlich angeschickerte Fans, die zum Olympiastadion schlenderten, und »Hertha und der KSC – die Freundschaft« sangen. Die gleiche Szenerie dann nach dem Schlusspfiff, als sich wieder Tausende ihrer wechselseitigen Sympathien versicherten und sich auch ansonsten einig waren: Völlig unabhängig von ihren primären Sympathien hatten fast 60 000 Zuschauer ein 0:0 gesehen, in dem – wenn überhaupt – nur eine Mannschaft den Sieg verdient gehabt hätte: nicht der Aufstiegsfavorit aus Berlin, sondern der Karlsruher SC.
Unser täglicher Newsletter nd.Kompakt bringt Ordnung in den Nachrichtenwahnsinn. Sie erhalten jeden Tag einen Überblick zu den spannendsten Geschichten aus der Redaktion. Hier das kostenlose Abo holen.
Harmlose Hertha
Die Gäste hatten in der Schlussphase eine gute Möglichkeit nach der anderen, konnten aber keine davon nutzen. Fachmännischer drückte es KSC-Kapitän Marvin Wanitzek aus: »Wenn man die Chancenqualität sieht, tut das Ergebnis natürlich ein bisschen weh.« Im noch halbwegs ausgeglichenen ersten Durchgang hatten dabei beide Mannschaften jeweils eine gute Gelegenheit, agierten ansonsten aber merkwürdig verhalten. Auf Karlsruher Seite scheiterte Wanitzek schon nach fünf Minuten an Hertha-Keeper Tjark Ernst. Die beste – und bis zum Ende dann auch einzige – Gelegenheit der Berliner war in der 21. Minute ein Lattenschuss von Maurice Krattenmacher. Viel mehr gab es nicht zu berichten, weshalb sich mancher der genau gezählten 59 655 Zuschauer fragte, warum die Berliner, die zum Saisonauftkat in der 2. Bundesliga beim 1:2 auf Schalke eher zu niedrig verloren hatten, derart zögerlich agierten.
Das änderte sich zunächst im zweiten Durchgang, in dem Hertha deutlich dominierte, aber außer vielen und eher sinnfrei anmutenden Distanzschüssen nichts Zwingendes zustande brachte. Und so sorgte in Ermangelung beklatschenswerter Szenen in dem wenig mitreißenden Spiel die Einwechslung der Berliner Nummer 25 für größeren Applaus: Kennet Eichhorn, Ende Juli 16 Jahre alt geworden, kam als jüngster Zweitligaprofi aller Zeiten zu einem 20-minütigen Kurzeinsatz.
Pfeifkonzert nach Spielende
Nach wenigen Augenblicken übernahmen dann wieder die Gäste die Regie – und wurden gefährlich. Doch sowohl Marcel Franke in der 76. Minute als auch drei Minuten später Fabian Schleusener und schließlich Nicolai Rapp in der Schlussminute hatten den Siegtreffer auf dem Fuß. Der wäre auch verdient gewesen gegen die letztlich vollauf enttäuschenden Berliner, die sich nach dem Schlusspfiff dann noch ein wütendes Pfeifkonzert des eigenen Anhangs anhören mussten.
Legt man die Stimmung im Olympiastadion zugrunde, ist die Hertha wohl gut beraten, schon am Montag in einer Woche beim Ligakonkurrenten Preußen Münster im DFB-Pokal zu gewinnen. Ihr Coach Stefan Leitl gab am Sonntagnachmittag aber auch klar zu verstehen, dass er die Ansprüche in der Hauptstadt sehr genau kennt: »Ich bin Trainer der Hertha und kann jetzt nicht sagen, dass wir die Saison mal laufen lassen und dann mal sehen.« Es sei nun mal so, »dass der Verein in die erste Liga zurückgehen muss. Das muss der Anspruch von jedem hier sein.«
Andere Zeitungen gehören Millionären. Wir gehören Menschen wie Ihnen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Dank der Unterstützung unserer Community können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen ins Licht rücken, die sonst im Schatten bleiben
→ Stimmen Raum geben, die oft zum Schweigen gebracht werden
→ Desinformation mit Fakten begegnen
→ linke Perspektiven stärken und vertiefen
Mit »Freiwillig zahlen« tragen Sie solidarisch zur Finanzierung unserer Zeitung bei. Damit nd.bleibt.