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Mitgeschossen: Deutsche Medien gefährden ihre Kollegen

Deutsche Journalisten gefährden ihre Kollegen in Gaza, meint Julian Daum

In der Nähe des Al-Shifa-Krankenhauses wurde in der Nacht ein komplettes Team von Journalisten getötet.
In der Nähe des Al-Shifa-Krankenhauses wurde in der Nacht ein komplettes Team von Journalisten getötet.

In der Nacht zu Montag löschte die israelische Armee ein komplettes Team von Journalisten in Gaza aus. Fünf Kollegen wurden bei einem gezielten Angriff auf ihr Pressezelt in der Nähe des Al-Shifa-Krankenhauses getötet. Ermordet, so muss es eigentlich heißen, mit Ankündigung. Denn dieser Angriff wurde erzählerisch vorbereitet.

Die UN und das Komitee zum Schutz von Journalisten appellierte schon vor Wochen: Der bekannte Al-Jazeera- und Reuters-Reporter Anas Al-Sharif sei Ziel einer Verleumdungskampagne des israelischen Militärs, sie befürchteten damit ein Vorzeichen seiner Ermordung. Ein israelischer Armeesprecher behauptete damals etwa, Al-Sharif betreibe Hamas-Propaganda. Sein Beleg? Bei einer Live-Schalte über den Hunger in Gaza habe er nämlich geweint.

Nun ist er tot. So wie laut Komitee mindestens 186 weitere Kollegen in Gaza, die teils ebenfalls gezielt von Israel getötet wurden. Propagandistisch von Politik, Pressestellen und Redaktionen vorbereitet. Auch mit Schützenhilfe aus Deutschland. Von den eigenen Kolleg*innen.

Viele deutsche Redaktionen spielen schon länger eine aktive Rolle bei der Gefährdung ihrer Kollegen in Gaza: Wir erinnern uns an Titel wie »Können Journalisten Terroristen sein?« oder »Al-Jazeera: Schützenhilfe für die Hamas«, an unzählige weitere Berichte, in denen die bis heute meist unbelegten oder falschen Vorwürfe israelischer Sprecher und Militärs unwidersprochen aufgegriffen und weiter verbreitet wurden.

Völlig scham- und anstandslos titelte die »Bild« am Montag: »Als Journalist getarnter Terrorist in Gaza getötet«. Und das, nachdem »Bild« und die »Süddeutsche Zeitung« erst vor einigen Wochen den Journalisten Anas Zayed Fteiha mit ebenfalls unbelegten Behauptungen in Verbindung mit der Hamas gebracht und dabei sogar von einem »Auftrag« gesprochen hatte. Das wurde dankbar vom israelischen Außenministerium aufgegriffen, um Bilder des Hungers aus Gaza als inszeniert zu delegitimieren. Tatsache bleibt: Die Aushungerung Gazas ist Realität, die Ermordung von Journalisten in Gaza ist Realität.

Anas Al-Sharifs letzte Worte auf Social Media waren: »Wenn dieser Wahnsinn nicht endet, wird Gaza in Trümmern liegen, die Stimmen seines Volkes werden zum Schweigen gebracht, ihre Gesichter ausgelöscht.« Die Namen seiner getöteten Kollegen sind Mohammed Qreiqeh, Ibrahim Zaher, Mohammed Noufal und Moamen Aliwa.

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