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Straffreiheit für Todesschwadronen
Peruanische Präsidentin unterzeichnet Amnestiegesetz für Bürgerkriegs-Verbrechen
Ein Vierteljahrhundert nach dem Ende des Bürgerkriegs in Peru hat Präsidentin Dina Boluarte ein umstrittenes Amnestiegesetz für die Verbrechen damaliger Soldaten, Polizisten und paramilitärischer Kämpfer unterzeichnet. »Mit der Verabschiedung dieses Amnestiegesetzes zollt die Regierung den Militär- und Selbstverteidigungsgruppen Tribut«, sagte Boluarte während einer Zeremonie am Mittwoch im Präsidentenpalast.
UN-Experten hatten das Gesetz als Verstoß gegen internationale Standards und Rückschritt bei der juristischen Aufarbeitung schwerer Menschenrechtsverletzungen scharf kritisiert. Volker Türk, Hoher Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, äußerte sich bestürzt über die Verkündung des Amnestiegesetzes. Dieses sei »eine Beleidigung für die Tausenden von Opfern, die Wahrheit, Gerechtigkeit, Entschädigungen und Garantien verdienen, dass sich so etwas nicht wiederholt«, erklärte Türk.
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Während des peruanischen Bürgerkriegs zwischen dem Militär und der maoistischen Guerilla-Organisation Leuchtender Pfad (Sendero Luminoso) waren zwischen 1980 und 2000 nach offiziellen Angaben rund 70 000 Menschen getötet worden. Unter dem früheren Präsidenten Alberto Fujimori verübte das Militär im Kampf gegen die Guerilla in der 1990er Jahren Massaker an der Zivilbevölkerung, setzte Todesschwadronen ein und ließ zahllose Frauen zwangssterilisieren.
Das nun verabschiedete Amnestiegesetz könnte nach Einschätzung von UN-Experten 156 Gerichtsurteile aufheben und mehr als 600 laufende Gerichtsverfahren annullieren. Die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte (CIDH) hatte Peru Ende Juli aufgerufen, das Gesetz »unverzüglich« zu stoppen und im Falle einer Unterzeichnung durch Boluarte nicht durchzusetzen. Die von der Opposition für eine autoritäre Regierungsführung kritisierte Staatschefin stützt sich auf die politische Rechte und die traditionellen Eliten.
Im vergangenen Jahr hatte Peru bereits ein Gesetz eingeführt, nach dem vor dem Jahr 2002 verübte Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Zusammenhang mit dem Bürgerkrieg als verjährt gelten. In der Folge kam Ex-Präsident Fujimori frei, der eine 25-jährige Haftstrafe absaß. Außerdem wurden mit dem Gesetz 600 Militäroffiziere und Soldaten begnadigt. AFP/nd
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