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Keine Koalition der Spalter
Linke und BSW können sich schwer vorstellen, das Land Berlin gemeinsam zu regieren
Berlins Linke möchte bei der Abgeordnetenhauswahl 2026 stärkste Kraft werden und die designierte Spitzenkandidatin Elif Eralp stünde bereit, im Falle eines Wahlsiegs Regierende Bürgermeisterin zu werden. Dass es dafür Koalitionspartner braucht, ist ihr bewusst. Schnittmengen gebe es mit der SPD und den Grünen, sagt sie.
Ob auch eine Zusammenarbeit mit dem BSW denkbar wäre? In einem Interview, das sie dem »Tagesspiegel« gegeben hat, beantwortet Eralp diese Frage jetzt trocken in einem Satz: »Dafür fehlt mir die Fantasie.«
Nachdem Sahra Wagenknecht die Linksfraktion im Bundestag im Oktober 2023 gespalten und im Januar 2024 mit dem BSW eine eigene Partei gegründet hat, verlieren beide Seiten auf allen Ebenen öffentlich selten bis nie ein gutes Wort übereinander.
Der BSW-Landesvorsitzende Alexander King reagiert nun auf Eralps Ansage, eine mögliche Zusammenarbeit entscheide sich an handfesten politischen Fragen. »Das hat mit Fantasie gar nichts zu tun.« Dem BSW seien beispielsweise Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt besonders wichtig. Eralp dagegen halte jeden, der ihr beim Thema »offene Grenzen« widerspreche, für einen Rassisten oder gleich für einen Nazi. »Wenn wir über die Einengung des Meinungskorridors, über zunehmende Intoleranz im öffentlichen Diskurs sprechen, dann sind Politiker wie Eralp das Problem«, meint King. Darum sei eine Zusammenarbeit unwahrscheinlich. »Wenn Frau Eralp aber Partner für eine sozial gerechte Wohnungs- und Mietenpolitik sucht, stehen wir natürlich bereit, sinnvolle Initiativen zu unterstützen. Wir haben nämlich anders als die Linksgrünen keine ideologischen Scheuklappen, sondern orientieren uns an Vernunft und Gerechtigkeit.«
Auf Nachfrage erinnert King daran, dass er selbst 25 Jahre lang Mitglied der Linken gewesen sei, einige Jahre davon gemeinsam mit Elif Eralp. »Also wird es wohl einige Gemeinsamkeiten zwischen uns geben.« Solche Gemeinsamkeiten sieht der BSW-Landesvorsitzende im Hinblick auf soziale Gerechtigkeit, eine soziale Mieten- und Wohnungspolitik und die finanzielle Ausstattung wichtiger sozialer Projekte.
»Wer angesichts der Gefahr für unsere Demokratie durch Rechtsextreme eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht ausschließen kann, kann nicht Teil eines progressiven Bündnisses sein.«
Elif Eralp Linke-Abgeordnete
»Es gibt aber auch Gründe, warum wir nicht mehr in einer Partei sind, sondern gegeneinander antreten«, sagt King. Er sehe die Linke nicht an seiner Seite, wenn es darum gehe, Meinungskorridore zu erweitern und die freie Rede zu schützen. »Im Gegenteil: Die Linke ist mittlerweile eine besonders engstirnige und intolerante Partei geworden.« Das könne man an vielen Debatten der vergangenen Jahre festmachen, von Corona bis Migration. King hat Eralp in diesen Debatten als »regelrecht hasserfüllt wahrgenommen« und dies könne sicher keine gute Grundlage für eine Zusammenarbeit sein. Gleichzeitig müsse doch aber gelten: »Wo man sich einig ist und gemeinsam etwas im Sinne von zum Beispiel mehr sozialer Sicherheit erreichen könnte, sollte man sich einer Zusammenarbeit nie verweigern.«
Eralp selbst erklärt: »Es ist noch völlig unklar, ob das BSW überhaupt in das Abgeordnetenhaus einzieht.«
Bei der Bundestagswahl im Februar hatte das BSW in Berlin 6,7 Prozent erhalten. In den Meinungsumfragen pendelt der Landesverband zwischen vier und sieben Prozent, was erfahrungsgemäß so lange vor dem Wahltermin im September 2026 wenig darüber aussagt, wie es kommen wird. Nach gegenwärtigem Stand müsste das BSW jedoch bangen, die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen.
»Für uns stehen die realen Probleme der Menschen im Mittelpunkt: steigende Mieten, geringe Löhne, soziale Ausgrenzung«, sagt die Linke-Abgeordnete Eralp. Und mit Blick auf die Wagenknecht-Partei: »Es ist für mich schwer vorstellbar, wie eine Partei, die auf Personenkult und dubiose Großspenden setzt und zudem inhaltliche Kritik an ihrem restriktiven Migrationsdiskurs mit Einschränkung der Meinungsfreiheit verwechselt, ein Partner sein kann.« Wer angesichts der Gefahr für die Demokratie durch Rechtsextreme eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht ausschließen könne, der kann nach Eralps Ansicht nicht Teil eines progressiven Bündnisses werden.
Dass eine enge Zusammenarbeit zumindest auf kommunaler Ebene doch möglich ist, beweist ein Beispiel aus dem Berliner Umland. Im brandenburgischen Schönefeld ist Andreas Eichner (BSW) seit der Kommunalwahl 2024 sachkundiger Einwohner der Linksfraktion in einem Ausschuss der Gemeindevertretung.
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