Zehn Games-Betriebsräte seit der letzten Gamescom gegründet

Branche im Wandel hofft auf staatliche Fördergelder

Die Gamescom ist in jedem Jahr ein riesiges Event mit hunderttausenden Besucher*innen.
Die Gamescom ist in jedem Jahr ein riesiges Event mit hunderttausenden Besucher*innen.

Jedes Jahr zur Messe Gamescom versorgt Game (Verband der deutschen Games-Branche e.V.) die Öffentlichkeit mit aktuellen Wirtschaftszahlen. Die Branche ist erfreut, im ersten Halbjahr 2025 hat man rund 4,6 Milliarden Euro umgesetzt. Ein Plus von vier Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Besonderer Umsatzbringer in diesem Jahr: die neue Nintendo-Konsole Switch 2, die im Frühling erschien. Das Umsatzwachstum von 17 Prozent im Hardwarebereich ist vor allem auf diese Konsole zurückzuführen.

Die Spielebranche in Deutschland selbst ist geschrumpft. »In den letzten zwei Jahren ging es der Gamesbranche weltweit und auch in Deutschland nicht so gut«, erklärte Felix Falk, der Geschäftsführer des Branchenverbands Game, vor der Messe. Viele Projekte seien eingestampft worden, manches Millionenprojekt sei gefloppt. Optimistisch stimmt den Branchenvertreter die staatliche Förderung. Nach einer Pause gebe es in diesem Jahr 88 Millionen Euro, nächstes Jahr soll die Branche mit 125 Millionen gefördert werden. Zur Messeeröffnung wird Bundesforschungsministerin Dorothee Bär (CSU) erwartet.

Die Branche wird sich Bär als »Kulturgut« präsentieren, das in der Lage ist, »fantastische Welten« und »weltumspannende Communitys« zu gestalten. Games seien »perfekte Unterhaltung«, so das Motto der Messe. Der Branchenverband betonte im Vorfeld der Messe, dass die Spieler*innen immer diverser werden. 20 Prozent der Spielenden in Deutschland seien über 60 Jahre alt. Nach einer Umfrage des Verbandes sind 79 Prozent der Spieler*innen der Meinung, dass Computer- und Videospiele helfen können, Jung und Alt zusammenzubringen. Fast genauso viele glauben, dass gemeinsames Spielen in der Familie helfe, digitale Inhalte besser zu verstehen.

Zum zweiten Mal bei der Gamescom zeigt der Verdi Game Devs Roundtable Präsenz. Im vergangenen Jahr präsentierte die von der Gewerkschaft begleitete Selbstorganisation von Entwickler*innen erstmals sechs Forderungen an die Branche. Im Kern ging es dabei um grundlegende Dinge: die Einführung von Tarifverträgen beispielsweise, Regelungen für Arbeitsstunden und verbesserte Kündigungsfristen. Verdi-Gewerkschaftssekretär Matthias Grzegorczyk äußerte sich vor einem Jahr im Gespräch mit »nd« noch zurückhaltend über die Organisierungsmöglichkeiten in der Gamesbranche. Heute gibt es in zehn deutschen Entwicklungsstudios Betriebsräte.

»Dass wir letztes Jahr mit unseren Forderungen an die Öffentlichkeit gegangen sind, hat einen ordentlichen Schub gegeben, und der geht weiter«, sagt Matthias Grzegorczyk im Gespräch mit »nd«. Betriebsräte gibt es nun auch bei zahlreichen namhaften Unternehmen. Etwa bei Microsoft in München oder bei Ubisoft an drei Standorten. Die berühmte »Anno«-Reihe wird maßgeblich am Mainzer Standort von Ubisoft entwickelt.

Im Mai wurde bei Kalypso Media ein Betriebsrat gegründet. Das Unternehmen aus Worms zählt mit Spielen wie »Commandos« zu den Urgesteinen der deutschen Spieleentwicklung. Verdi begleitete die Betriebsratsgründung mit einer Mitteilung, in der von einem »bedeutenden Schritt für die Beschäftigten« und einem weiteren »Kapitel in der Geschichte der betrieblichen Mitbestimmung in der Gamesbranche« die Rede ist. Matthias Grzegorczyk bezeichnet die Betriebsratsgründungen als »Herausforderungen« für die Beschäftigten, die aber mit Erfahrungen und »neuen Perspektiven und dem Gefühl, nicht allein zu sein«, verbunden seien. »Die Kolleg*innen haben gezeigt, wie viel möglich ist, wenn sich Beschäftigte zusammenschließen und gemeinsam für ihre Interessen eintreten«, betont Grzegorczyk.

Der Gewerkschaftssekretär und die am Verdi Game Devs Roundtable beteiligten Entwickler*innen sind auch in diesem Jahr bei der Gamescom anwesend. Sich zu zeigen, zu vernetzen, ansprechbar zu sein und auf das Thema Arbeitsbedingungen aufmerksam zu machen, ist der Plan. Das Ziel ist ein Branchentarifvertrag. Das dürfte zum anspruchsvollen Strategiespiel werden. Immerhin, solche werden oft in Deutschland entwickelt.

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