Gefahr durch Ambrosia wächst

Der Neophyt macht besonders Allergikern zu schaffen. Ein Hotspot befindet sich in Südbrandenburg

  • Marco Krefting
  • Lesedauer: 4 Min.
Ambrosiapflanzen in einem Sonnenblumenfeld
Ambrosiapflanzen in einem Sonnenblumenfeld

Für manche Pollenallergiker stehen harte Zeiten bevor. Während Bäume wie Birke, Hasel und Erle im Frühjahr blühen und auch die meisten Gräser längst durch sind, hat eine Pflanze im Spätsommer Hochsaison: Ambrosia. Und die birgt gleich in mehrfacher Sicht Tücken. Die Pollen sind sehr allergen, wie Anke Kniffka vom Zentrum für Medizin-Meteorologische Forschung Freiburg des Deutschen Wetterdienstes (DWD) erklärt. »Also wäre eine Vorhersage wünschenswert.« Doch es fehle an guten Informationen. 

»In diesem Jahr befinden wir uns noch am Anfang der Saison, über einen speziellen Verlauf können wir also noch nichts sagen«, so Kniffka. Pollen der Ambrosia – im Fachjargon Beifußblättriges Traubenkraut (Ambrosia artemisiifolia) genannt – haben laut Umweltbundesamt (UBA) ein fünfmal höheres Allergiepotenzial als Gräserpollen. »Ihr Pollen kann schon in kleinen Mengen heftige Gesundheitseffekte beim Menschen auslösen.« Dazu zählten Heuschnupfen, Bindehautreizungen und allergisches Asthma. Bei einigen Menschen könne schon die Berührung allergische Reaktionen auf der Haut erzeugen, erklärt die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW). 

Besonders betroffen sind laut der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst Allergiker, die auf Gemeinen Beifuß (Artemisia vulgaris) reagieren. Hintergrund ist eine hohe Kreuzreaktivität: Beifußallergiker reagieren auf Pollen beider Arten.

Forschende des Helmholtz-Zentrums in München haben vor Jahren herausgefunden, dass Ambrosia ausgerechnet an Straßenrändern so richtig aggressiv wird. Stickstoffdioxid (NO2) aus Abgasen verursache bei ihr Stress. Dadurch verändere sich die Protein-Zusammensetzung der Pollen. Die Menge sogenannter allergener Proteine werde größer.

Die Pflanze blüht von Juli bis Oktober. Ambrosia kann sogar noch bis zum Absterben beim ersten Frost Pollen produzieren und abgeben. Diese werden Kniffka zufolge über weite Strecken geweht – auch aus Nachbarländern nach Deutschland. Eine Pflanze produziert Tausende von Samen. Diese können über Jahre hinweg im Boden keimfähig bleiben – was die Ausbreitung von Ambrosia fördert.

Unter anderem bietet der DWD im Internet einen Pollenflug-Gefahrenindex. Hier kann man sich für den aktuellen und die kommenden beiden Tage dazu informieren, wie hoch die Belastung in verschiedenen Regionen ist. Die Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst veröffentlicht auf ihrer Homepage unter anderem eine Wochenpollenvorhersage für Deutschland.

Ambrosia ist laut Polleninformationsdienst zwischen 15 und 180 Zentimeter hoch. Die Stängel der einjährigen Pflanze sind stark verzweigt und zur Blütezeit leicht rötlich gefärbt. Bei der Bestimmung sollte man der LUBW zufolge insbesondere auf die Blattform, die Blattunterseite und Behaarung des Stängels achten. Die Blattunterseite sei nur wenig heller gefärbt als die Blattoberseite.

Die Pflanze stammt aus Nordamerika. Mitte des 19. Jahrhunderts gelangten Samen mit sonnenblumenhaltigen Saat- und Futtermischungen nach Europa. In Ungarn, Italien und Frankreich ist Ambrosia schon länger als Problempflanze bekannt – nicht nur wegen der allergieauslösenden Pollen, sondern auch als lästiges Unkraut in der Landwirtschaft.

Ambrosia wächst an gut belichteten, vegetationsarmen Standorten. Man finde sie etwa auf Brachflächen, in Neubaugebieten, an Randstreifen und Böschungen von Wegen, Straßen, Autobahnen und Gleisen, aber auch in Gärten und landwirtschaftlich genutzten Flächen, auf denen Sonnenblumen oder Mais angebaut werden.

Nach Auskunft von DWD-Expertin Kniffka ist der Hauptverbreitungsweg Vogelfutter. »In osteuropäischen Gebieten, in denen viel Vogelfutter angebaut wird und auch dort, wo Sonnenblumen angebaut werden, tritt Ambrosia am häufigsten auf.« Mittlerweile sei die Art in Deutschland etabliert, insbesondere im Süden und Südwesten, im südlichen Brandenburg und Hessen. »Vor allem im südlichen Brandenburg befindet sich ein Hotspot, wie unsere Messungen zeigen.«

Wer Ambrosia-Bestände sieht, sollte sie laut UBA dem örtlichen Grünflächen- oder Pflanzenschutzamt melden. Allerdings gibt es in keinem Bundesland eine gesetzliche Melde- und Bekämpfungspflicht. Auch deshalb fehlen ausreichend Informationen über die tatsächliche Verbreitung der Pflanze in
Deutschland.

»Wer die Pflanze auf eigenem Grund und Boden antrifft, kann selbst aktiv werden«, heißt es beim UBA. Am besten sei es, sie noch vor der Blüte samt Wurzel mit Handschuhen ausreißen. Blüht sie schon, sollte man eine Maske gegen Staub tragen. Allergiker hingegen sollten jeglichen Kontakt vermeiden. 

»Die blühende Ambrosia-Pflanze gehört wegen der Gefahr der Weiterverbreitung nicht in Kompost, Biotonne oder Grünabfuhr, sondern, in einem Plastikbeutel verpackt, in den Restmüll«, heißt es weiter. Bei größeren Beständen sollten Betroffene sich bei der örtlichen Stadtreinigung erkundigen, ob die Pflanzen dort entsorgt und verbrannt werden können. dpa/nd

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