- Politik
- Nahost
»United 4 Gaza«-Demonstration in Frankfurt darf stattfinden
Verwaltungsgericht hebt das Verbot der Stadt am Donnerstagnachmittag im Eilverfahren auf
Das Ordnungsamt der Stadt Frankfurt am Main hat eine für diesen Samstag angemeldete propalästinensische Demonstration verboten. Die Stadt begründet diese Maßnahme unter anderem mit einer »äußerst angespannten Stimmung« zwischen dem palästinensischen und israelischem Lager sowie einer »möglichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit durch eine Eskalationsspirale«. Für den Protestzug am Wochenende lägen »derart belastende Umstände vor, die ein komplettes Verbot der Versammlung rechtfertigen«. Konkrete Angaben zu Bedrohungen machte die Stadt nicht.
Doch nun kommt es anders. Am Donnerstagnachmittag beschloss das Verwaltungsgericht in der Mainmetropole, dass die Demonstration doch stattfinden kann. Das berichten mehrere Medien. Das Gericht hält die Verbotsbegründung der Stadt für nicht akzeptabel. »Ein solches Verbot ist bei der vorliegenden polizeilichen Gefahrenprognose nicht im Ansatz gerechtfertigt«, so das Gericht. Für ein Verbot müsse eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestehen. Gegen einzelne Störer während der Versammlung müsse man vorgehen. »Eine Bewertung von Meinungen, die durch Artikel 5 des Grundgesetzes geschützt werden, steht staatlichen Stellen nicht zu.«
Unter dem Titel »United 4 Gaza – Stoppt den Völkermord jetzt!« hatten der Aktivist Abed Hassan und der Food-Blogger Amin Rjoob – beide haben palästinensische Wurzeln – zu einer Demonstration für ein »sofortiges Ende der Unterstützung des israelischen Genozids, der Apartheid und Besatzung« sowie der »Achtung des Völkerrechts« aufgerufen. Menschen aus dem ganzen Bundesgebiet sollten dazu nach Frankfurt kommen.
Die Organisatoren bezeichnen das nun aufgehobene Verbot als Folge einer »öffentlichen Diffamierungskampagne« und geben an, gegen das Verbot vor Gericht zu ziehen. Dazu hätten ihre Anwälte einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht vorbereitet. »Wir kämpfen bis zur letzten Instanz für unser Grundrecht auf Versammlungsfreiheit«, heißt es in einer Stellungnahme in den sozialen Medien. Erfogreich, wie sich nun herausstellte.
Auch die Menschenrechtsorganisation Medico macht eine »anti-palästinensische Stimmungsmache« für das Verbot verantwortlich. Ähnlich sieht es Jakob Migenda, Landesvorsitzender der hessischen Linke: Er meint, dass der Grundrechtseingriff »jede Solidarität mit den Menschen in Gaza dämonisieren soll«. Einen erfolgreichen Einspruch vor Gericht hält er für wahrscheinlich und verweist dabei auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts wonach Versammlungen wegen des Verdachts auf einzelne unfriedliche Teilnehmende nicht verboten werden dürften.
Bereits im Juni organisierten Hassan und Rjoob eine bundesweite Demonstration unter dem Titel »United 4 Gaza« in Berlin, an der sich nach Angaben der Polizei mehr als 12 000 Menschen beteiligten, die Veranstalter sprachen von bis zu 40 000 Teilnehmenden. Angemeldet waren 5000 Menschen. Während der Versammlung kam es Polizeiberichten zufolge zu einigen Festnahmen, unter anderem wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung, verbotener Parolen und illegaler Symbole. In der Begründung für ein Verbot beruft sich die Stadt Frankfurt auch auf diese Erfahrungen aus Berlin.
Das Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Hessen dokumentierte im Jahr 2024 einen drastischen Anstieg an Antisemitismus – vor allem in Frankfurt. Die Anzahl der körperlichen Attacken mit antisemitischer Motivation verdoppelte sich von 16 Vorfällen im Jahr 2023 auf 33 Vorfälle im Folgejahr.
Zuletzt sorgten Vorfälle im Umfeld des von Teilen der Klimabewegung veranstalteten System Change Camp für Schlagzeilen. Nachdem bereits im Vorfeld Bilder der Geiseln im Gazastreifen von den Zäunen um das Camp abgerissen wurden, kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen einer Gruppe von CDU-Politiker*innen und Sacha Stawski, dem Vorsitzenden der proisraelischen Initiative Honestly Concerned. Dabei wurde Stawski von einer Person aus dem Camp mit roter Farbe beworfen. Camp-Teilnehmende gaben an, zuvor selbst geschlagen und getreten worden zu sein.
Bereits nach diesem Vorfall wurden Forderungen nach einem Camp-Verbot laut. Das war laut der städtischen Ordnungsdezernentin Annette Rinn (FDP) nicht möglich. Bezogen auf die nun verbotene Demonstration scheint die Versammlungsbehörde ihre Meinung geändert zu haben.
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.