Bedroht der Schwarze Tod uns in Europa?

In den USA hat sich ein Mann mit der Pest infiziert. Steffen Schmidt klärt im Gespräch auf

Von ihr geht keine Pestgefahr aus: eine Ratte in Berlin-Moabit.
Von ihr geht keine Pestgefahr aus: eine Ratte in Berlin-Moabit.

Es hört sich nach Mittelalter an, ist aber wirklich jetzt erst passiert: Ein Mann ist in Kalifornien an der Pest erkrankt. Steffen, warum gibt es heute noch diese Krankheit?

Die lässt sich nicht so einfach ausrotten. Da müsstest du im Prinzip sämtliche Flöhe von Nagetieren, die potenziell das Bakterium in sich tragen, ausrotten.

Ein unmögliches Vorhaben.

Genau. Zudem wäre das nicht wirklich zuträglich für die Umwelt.

Der Pesterreger überlebt also bereits seit tausend Jahren?

Der ist noch viel länger unter uns. Mindestens seit den alten Römern – unter Kaiser Justinian gab es die erste halbwegs glaubhaft beschriebene Pestepidemie. Im Tierreich existiert der Erreger gut und gerne 1500 bis 2000 Jahre. Und irgendwo in Asien ist er offenbar das erste Mal auf den Menschen übergegangen.

Die große Pestepidemie in Europa war dann später?

Im 14. Jahrhundert wurde es richtig übel. Da ist – je nach Quelle – zwischen einem und zwei Drittel der Bevölkerung daran gestorben. Das hat zugleich erheblich die frühkapitalistische Entwicklung befördert. Außerhalb Europas ist die Pest auch immer mal wieder aufgetreten – wenn auch nicht mit der gleichen Tödlichkeit.

Wo kommt der Erreger heute noch vor?

Überall dort, wo es große Nagetierbestände gibt, bei denen das Bakterium noch existiert. Das reicht von Indien über Afrika bis in den Südwesten der USA. Dort stecken sich Menschen vor allem bei Jagdexpeditionen oder Wanderungen im Gelände an.

Und bei uns?

In Europa scheint es keinen Nagetierbestand zu geben, der mit dem Erreger infiziert ist. Die Wanderratte, die bei uns die Hausratte verdrängt hat, scheint sich offenbar in der Vergangenheit mit pestinfizierten Flöhen nicht vertragen zu haben. Oder umgekehrt die Flöhe nicht mit ihr.

Wenn es zu einer Erkrankung kommt, wie ist die Behandlung?

Es gibt geeignete Antibiotika. Man muss bloß rechtzeitig wissen, dass es sich um die Pest handelt.

Dr. Schmidt erklärt die Welt

Dr. Steffen Schmidt, Jahrgang 1952, ist der Universalgelehrte der Redaktion. Auf fast jede Frage weiß er eine Antwort – und wenn doch nicht, beantwortet er eine andere. Christian Klemm sprach mit ihm über eine Pesterkrankung in den USA.

Wie sieht eine typische Pesterkrankung aus?

Es gibt zwei unterschiedliche Krankheitsverläufe: die Lungen- und die Beulenpest. Wenn das Bakterium durch einen Flohstich in einen menschlichen Körper gelangt, dann kommt es meist zur Beulenpest. Dabei bilden sich dunkle Beulen infolge von Blutergüssen an den Lymphknoten, die dann anschwellen, weil dort die Immunreaktion massiv zunimmt. Weil das Blut gerinnt, nimmt es eine dunkle Farbe an. Deswegen auch die Bezeichnung Schwarzer Tod. Die Lungenpest dagegen wird in der Regel durch eine Tröpfcheninfektion ausgelöst. Allerdings kann es bei beiden Krankheitsverläufen auch zu einer Sepsis kommen, die unbehandelt tödlich ist.

Welche Anzeichen gibt es im Frühstadium der Krankheit?

Man bekommt schnell hohes Fieber und fühlt sich mies.

Das ist bei tausend anderen Krankheiten auch so.

Später kommt es zu den erwähnten Schwellungen. Sicher erkennt man die Infektion anfangs wohl nur durch Nachweis des Erregers in Blut, Eiter oder in den Lymphknoten.

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