NRW setzt Rotstift bei Hochschulen an

Professuren sollen gestrichen werden, die Betreuungsquote droht zu sinken

Auch an der Universität Köln, der größten Präsenz-Universität in NRW, könnte es dramatische Kürzungen geben.
Auch an der Universität Köln, der größten Präsenz-Universität in NRW, könnte es dramatische Kürzungen geben.

Der heftige Sparkurs der Landesregierung im Wissenschaftsbereich überrascht. Trotz eines Rekordhaushalts 2026 will die schwarz-grüne Landesregierung in NRW insbesondere im Hochschulbereich künftig Mittel kürzen. Dabei hatte Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) wiederholt versprochen, nicht bei der Bildung zu sparen.

Die Rede ist von fünf Prozent Einsparungen bei der Grundfinanzierung der Hochschulen. Das wären knapp 255 Millionen Euro weniger ab 2026 für die Einrichtungen an Rhein und Ruhr. In NRW studierten im Herbst 2024 annähernd 710 000 Studierende, so viele wie in keinem anderen Bundesland.

Auch die großen Universitäten im Ruhrgebiet sind von den avisierten Kürzungen im wissenschaftlichen Betrieb betroffen, ergab eine nd-Abfrage. Zwar ist die TU Dortmund davon ausgenommen, jedoch nicht die Ruhr-Universität Bochum und die Universität Duisburg-Essen. Beide wollten aber nicht konkret werden, wie massiv die Einschnitte sind.

Das zuständige Ministerium für Kultur und Wissenschaft verteidigt gegenüber dieser Zeitung die Einsparungen damit, dass Deutschland im dritten Jahr in Folge eine Rezession erlebe. »Außerdem gehen sowohl an den Universitäten und den Hochschulen für angewandte Wissenschaften die Studierendenzahlen zurück«, sagte ein Sprecher. Für das Ministerium ist daher klar, dass auch die Hochschulen einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten müssen. Der Landesrechnungshof hatte bemängelt, dass die Universitäten und Fachhochschulen Rücklagen in Höhe von rund zwei Milliarden Euro bisher nicht eingesetzt haben. Die Hochschulvereinbarung schreibt die Finanzierung der Einrichtungen im Detail fest. Die Verhandlungen darüber liefen gerade, teilte der Sprecher mit.

nd.DieWoche – unser wöchentlicher Newsletter

Mit unserem wöchentlichen Newsletter nd.DieWoche schauen Sie auf die wichtigsten Themen der Woche und lesen die Highlights unserer Samstagsausgabe bereits am Freitag. Hier das kostenlose Abo holen.

Auch die größte Präsenz-Universität des Landes, die Universität Köln, soll die Kürzungen mittragen. Das hat die Funke-Mediengruppe erfahren. Die Hochschule will »die Ausgaben ab dem kommenden Jahr um zehn Millionen Euro senken«. Sowohl in der Verwaltung als auch in zentralen Einrichtungen und in den Studiengängen soll gespart werden. Dort soll vor allem Personal abgebaut werden. »In allen Fakultäten werden derzeit intensive Diskussionen darüber geführt, mit welchen kurz-, mittel- und langfristig wirksamen Maßnahmen der jeweils eigene Beitrag geleistet werden kann«, sagte ein Sprecher der Universität Köln der Mediengruppe.

Als erste Einrichtung hat die Fachhochschule Düsseldorf zu Beginn der vergangenen Woche Einschnitte angekündigt. Dort könnten »hochschulübergreifend zehn bis 15 Professuren« wegfallen.

Die Opposition im NRW-Landtag lehnt die Sparpläne ab. »Jede Kürzung im Bildungsbereich führt langfristig zu Einnahmeverlusten«, warnt Bastian Hartmann, der wissenschaftspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, im Gespräch mit »nd«. Unter Streichungen beim wissenschaftlichen Personal leide der »oft befristet beschäftigte akademische Nachwuchs«.

Eine Stichprobenbefragung an der Universität Duisburg-Essen bestätigt die Sorge der Studierenden und der Mitarbeiter. Sie befürchten eine weitere Verschlechterung der Studienbedingungen und der Betreuungsquote. Letztere ist ohnehin die schlechteste im Ländervergleich. »Ich weiß oft nicht, wie ich allen Studis in meinem Seminar gerecht werden kann«, sagt etwa ein wissenschaftlicher Mitarbeiter der Ruhr-Uni zu »nd«, der namentlich nicht genannt werden möchte.

Die Verhandlungen zwischen Landesregierung und Hochschulen über das genaue Ausmaß der Kürzungen laufen noch. NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) versuchte am Montag am Rande einer Veranstaltung in Duisburg zu beschwichtigen: Es handele sich vorerst nur um einen Entwurf des Etats für das kommende Jahr. Die Kürzungen seien längst noch nicht beschlossen.

Die Entscheidung fällt im November, wenn der Landtag über den Haushalt 2026 abstimmt. Bis dahin hoffen die Hochschulen auf zusätzliche Bundesmittel aus dem »Sondervermögen Infrastruktur«, die die geplanten Einschnitte abmildern könnten. Ob Hendrik Wüsts Versprechen, nicht bei der Bildung zu sparen, gehalten werden kann, entscheidet sich in den kommenden Wochen.

Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen

Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.