Schlussstrich unter die fristlose Kündigung

Arbeitsgerichtsprozess zu Enlassungen nach dem Versuch, einen Betriebsrat zu gründen

  • Martin Höfig
  • Lesedauer: 3 Min.
Es sollte einen Betriebsrat geben beim Bildungsträger DCI und herausgekommen ist ein Vergleich.
Es sollte einen Betriebsrat geben beim Bildungsträger DCI und herausgekommen ist ein Vergleich.

Beim Termin am Arbeitsgericht Berlin kam es am Freitag im Fall des Assistenzlehrers Marcell Csokas gegen die Digital Career Institute GmbH (DCI) zu einer Einigung. In dem Verfahren, auf das Czokas länger als ein Jahr warten musste, ging es um seine Kündigungsschutzklage. Es drehte sich darum, dass ihm fristlos gekündigt wurde, nachdem mehrere DCI-Angestellte versucht hatten, einen Betriebsrat zu gründen, und um den Vorwurf systematischer Verstöße gegen den gesetzlichen Mindestlohn.

»Man wollte nicht nur uns mundtot machen«, sagte Csokas während der Verhandlung über sich und seine Kolleg*innen, die 2024 einen Betriebsrat gründen wollten. »Auch unsere Schüler und Studenten sollten eingeschüchtert werden«, ergänzte er. Die Digital Career Institute GmbH ist ein privater Bildungsträger für von der Arbeitsagentur geförderte Qualifizierungsmaßnahmen. Er wolle, so erklärte Csokas, dass das Arbeitsgericht die fristlosen Entlassungen nur wenige Tage nach der Versammlung zur Betriebsratsgründung als ungerechtfertigt einstuft.

Bei der Betriebsversammlung Anfang Juli 2024 sollte zunächst ein Wahlvorstand gewählt werden. Die Versammlung endete jedoch, bevor es dazu kam. Es sollen sich tumultartige Szenen abgespielt haben. Was genau die Hintergründe dafür waren, ist umstritten. Klar ist aber, dass die Firma kurz vor besagter Versammlung den Anwalt Helmut Naujoks beauftragt hatte, ihre Interessen zu vertreten. Naujoks berät nach eigener Aussage »ausschließlich Arbeitgeber« und gibt diesen beispielsweise in seinem Ratgeber-Buch »Kündigung von Unkündbaren« Tipps, wie sie Betriebsräte, Langzeitkranke, Schwerbehinderte, ältere und langjährig Beschäftigte loswerden könnten, aber auch »Querulanten, Blaumacher, Faulenzer, Arbeitsverweigerer«.

Die Anwältin der DCI – Naujoks vertritt das Unternehmen mittlerweile nicht mehr – wirft Csokas vor, die Geschäftsführung sowie weitere Mitarbeiter*innen und auch Naujoks über das Karriere- und Social-Media-Portal »LinkedIn« mehrfach verbal angegriffen und damit das Verhältnis beider Seiten zerrüttet zu haben. »Das sind Menschen. Auch Herr Naujoks ist ein Mensch. Wir haben alle Gefühle, die Sie auch verletzt haben«, sagte sie an Csokas gewandt. Der wies die Anschuldigungen zurück. Er habe den Eindruck, dass das Institut nun weiter versuche zu verhindern, dass er sich offen äußere. »Meinungsfreiheit ist aber auch ein Grundrecht und ich möchte, dass meine Grundrechte wiederhergestellt werden«, betonte Csokas.

Schließlich wurde am Freitag lange über die Zahlung einer Abfindung verhandelt. »Ich habe Empathie für Ihre Situation und wir wollen nach vorn schauen.« Mit diesen Worten flankierte die DCI-Anwältin ihre ersten Angebote für eine gütliche Einigung, damit kein Urteil gefällt werden muss.

Der Vorsitzende Richter wies Csokas darauf hin, dass an diesem Tag weder die Grundrechte noch die Meinungsfreiheit verhandelt werden, sondern die eingereichte Kündigungsschutzklage. Zudem habe ein Vergleich immer auch den immensen Vorteil, »dass man dann einen Schlussstrich ziehen und weitermachen kann«. Und die Gegenseite sei ihm »ja jetzt auch schon um einiges entgegengekommen«, ermunterte der Richter Csokas, sich auf einen Vergleich einzulassen.

Der beriet sich nach einigem Hin und Her in zwei Verhandlungspausen mit seiner Anwältin. Auch die DCI-Anwältin erbat dann eine Pause, um telefonisch Rücksprache zu halten, womit die Firma einverstanden wäre. Am Ende einigten sich beide Seiten auf die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 50 000 Euro. Csokas zeigte sich anschließend »zufrieden«. Viel mehr könne er dem »nd« nicht sagen, da er im Rahmen des Vergleichs ja auch einer Wohlverhaltens- und Verschwiegensheitsklausel zugestimmt habe.

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