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Landesunternehmen Grün Berlin greift Betriebsratswahl an
Für das Landesunternehmen existiert bisher nur eine alternative Mitarbeitervertretung
Das landeseigene Unternehmen Grün Berlin GmbH geht gemeinsam mit seinen Tochtergesellschaften Grün Berlin Service und Infravelo gegen die Wahl des Betriebsrates vor. Das bestätigte das Arbeitsgericht Berlin auf Nachfrage von »nd«. Zuerst hatte der »Tagesspiegel« berichtet.
Wie eine Sprecherin des Arbeitsgerichts erklärte, hätten die drei Gesellschaften beantragt, die am 1. Juli durchgeführte Wahl für unwirksam erklären zu lassen. Dabei führen die landeseigenen Betriebe zwei Gründe an.
Zum einen sei der Betriebsrat für alle drei Betriebe gewählt geworden, obwohl kein Gemeinschaftsbetrieb vorläge. Laut Betriebsverfassungsgesetz bilden etwa Unternehmen, die Betriebsmittel und Arbeitnehmer*innen gemeinsam einsetzen, einen Gemeinschaftsbetrieb. Das Bundesarbeitsgericht hat darüber hinaus bestimmt, dass die Beschäftigten »von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert« werden müssen, damit ein Gemeinschaftsbetrieb besteht.
Zum anderen halten Grün Berlin und seine Töchter die Wahl für unwirksam, weil es schon bei der Wahl des Wahlvorstandes »zu (formellen) Fehlern« gekommen sei, teilt die Sprecherin des Arbeitsgerichts mit. Der Wahlvorstand wird auf einer Betriebsversammlung gewählt. Er wird damit mit der Vorbereitung und der Durchführung der Betriebsratswahl beauftragt. Gerade in Unternehmen, in denen zuvor noch kein Betriebsrat bestanden hat, ist die Durchführung und Vorbereitung einer Betriebsratswahl im Einklang mit dem Regelwerk nicht immer trivial und oft eine Herausforderung für die Beteiligten. Sie stellt insofern ein Einfallstor für Arbeitgeber dar, die ihre Beschäftigten auf ihrem Weg zum Betriebsrat ausbremsen wollen.
Auf welche Tatsachen Grün Berlin seine Antragsbegründung stützt, ist bisher nicht bekannt. Auf Anfrage von »nd« teilt das Unternehmen mit, dass die unterschiedlichen Rechtsauffassungen Bestandteil der gerichtlichen Prüfung seien und nicht veröffentlicht werden. Auf seiner Webseite werden für jedes Tochterunternehmen unterschiedliche Geschäftsführer*innen geführt.
»Das arbeitsgerichtliche Verfahren dient nicht einer Verhinderung des Betriebsrats, sondern einer Klärung, ob die Mitarbeitendeninteressen durch einen Gemeinschafsbetriebsrat oder durch gesellschaftsbezogene Betriebsräte vertreten werden sollen«, teilt die Grün Berlin mit. In einem gemeinsamen Brief an die Mitarbeiter*innen, aus dem der »Tagesspiegel« zitiert, schreiben die Geschäftsführer: »Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat«.
Die Geschäftsführer würden bereits mit dem handlungsfähigen Betriebsrat zusammenarbeiten, erklärt Infravelo. Bis zur gerichtlichen Entscheidung bleibt der Betriebsrat mit allen Rechten im Amt. Ein erster Gütetermin ist für September angesetzt. Eine abschließende Prüfung kann sich aber auch schnell auf über ein Jahr erstrecken.
Eine Anfechtung ist nur innerhalb der ersten zwei Wochen nach der erfolgten Betriebsratswahl möglich. Lässt ein Arbeitgeber die Frist ohne einen Einspruch verstreichen, so gilt der Betriebsrat als erfolgreich gewählt und ist bis zur nächsten regulären Folgewahl vertretungsberechtigt.
Grün Berlin und seine Töchter realisieren und unterhalten Infrastrukurprojekte im Auftrag des Landes Berlin. Vor allem die SPD hatte immer wieder kritisiert, dass die 380 Beschäftigten bisher nur von einer gesetzlich ungebundenen sogenannten Mitarbeitervertretung (MAV) vertreten wurden. Die MAV war für die Beschäftigten aller drei Unternehmen zuständig.
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