Görlitzer Park: Zahlen gegen den Zaun

Grüne kritisieren geplante Umzäunung – Mehr Straftaten in angrenzenden Kiezen als im Park

Baken schützen Bauschutt am Görlitzer Park. Gebaut wird am Park schon, auch wenn die Datenlage eigentich gegen einen Zaun spricht.
Baken schützen Bauschutt am Görlitzer Park. Gebaut wird am Park schon, auch wenn die Datenlage eigentich gegen einen Zaun spricht.

Der Zaun kommt. Bis Ende 2025 sollen alle Eingänge des Görlitzer Parks mit Toren verschlossen werden können und bestehende Lücken in der Ummauerung geschlossen sein. Das Ziel: »Der aktuell im Görlitzer Park festzustellende Handel mit und Konsum von Betäubungsmitteln sowie die damit einhergehenden Begleiterscheinungen und schwere Straftaten sollen durch die Umzäunung eingedämmt werden.« So der Innensenat in der Antwort auf eine Anfrage des Abgeordneten Vasili Franco (Grüne).

Bloß die Zahlen, mit denen die Verwaltung aufwartet, liefern Franco zufolge eigentlich eher Argumente gegen einen Zaun. »Weiterhin sprechen alle Fakten der Kriminalstatistik gegen einen Zaun um den Görlitzer Park«, sagt Franco.

Mit dem Zaun soll der Park in Kreuzberg nachts abschließbar werden. Im Sommer zwischen 23 und 6 Uhr und im Winter von 22 bis 6 Uhr dürfte dann niemand mehr die Fläche betreten. Aber gibt es in der Dunkelheit mehr Straftaten? Von Oktober 2024 bis August 2025 wurden im Görlitzer Park 835 Straftaten erfasst. Davon allerdings nur 216 in der Phase der künftigen Schließzeit. Auch pro Stunde würden somit nachts weniger Straftaten erfasst als tagsüber, analysiert Franco. Das ist keine neue Entwicklung. Im Jahr 2023 wurden 409 von insgesamt 1675 Straftaten nachts erfasst. Im Jahr 2024 waren es 342 von 1211.

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Noch krasser wird der Vergleich mit den anliegenden Kiezen. Im nördlich an den Park angrenzenden Wrangelkiez gab es im selben Zeitraum mit 2974 Straftaten mehr als dreimal so viele wie im Park selbst. Und auch im südlich angrenzenden Reichenberger Kiez gibt es mit 3690 Stratftaten mehr als viermal so viele Straftaten.

Dazu kommt, dass ein Großteil der im Park erfassten Delikte sogenannte Kontrolldelikte sind, die nur dann registriert werden, wenn die Polizei Personen kontrolliert. Andersfalls würden solche Verfehlungen unbemerkt bleiben. Im Zeitraum Oktober 2024 bis August 2025 wurden 238 Drogendelikte festgestellt, den Drogenhandel nicht mitgerechnet. 133 Straftaten waren Verstöße gegen Aufenthalts- oder Asylgesetze. Zusammen machen diese beiden Fallkategorien mehr als 44 Prozent der Straftaten im Park aus.

Anders verhält es sich in den angrenzenden Kiezen. Dort dominieren Keller- und Dachbodeneinbrüche, Kfz-, Fahrrad- und andere Diebstähle. Franco vermutet, die sei auf eine Zunahme von Beschaffungskriminalität der Drogensüchtigen zurückzuführen.

Der Politiker kommt angesichts der Zahlen zu dem Schluss, dass die nächtliche Schließung des Parks die Lage in den angrenzenden Kiezen nicht verbessern, sondern verschlimmern werde. »Der Zaun wird gegen den Willen der Menschen in Kreuzberg durchgedrückt, während die Beschaffungskriminalität rund um den Park alarmierende Ausmaße erreicht«, sagt er. Der Senat ignoriere die Ursachen der Verwahrlosung und Verelendung im öffentlichen Raum. »Zäune und Kameras helfen nicht gegen Armut, Sucht und Obdachlosigkeit. Abhängigkeit, Beschaffungskriminalität und Verwahrlosung sind Folgen eines unzureichenden Hilfesystems.« Aber soziale Projekte, die ins Leben gerufen wurden, um die Sicherheit im und um den Görlitzer Park zu verbessern, sollen dem Sparhaushalt 2026/27 zum Opfer fallen.

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