- Politik
- Atomprogramm
Iran will wieder mit den USA verhandeln
IAEA-Chef Rafael Grossi macht Teheran wegen Atominspektionen Druck
Wien. Der Iran muss aus Sicht des obersten UN-Atomwächters rasch der erneuten Überwachung seines Nuklearprogramms durch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) zustimmen. »Es bleibt noch Zeit, aber nicht mehr viel«, sagte IAEA-Chef Rafael Grossi in Wien. Teheran hat als Reaktion auf die Zerstörung seiner Atomanlagen durch Israel und die Vereinigten Staaten die Zusammenarbeit mit IAEA-Inspektoren ausgesetzt.
Seit Wochen verhandelt die Atomenergiebehörde in Wien mit iranischen Vertretern über die Wiederaufnahme von Inspektionen. Dabei steht vor allem der Verbleib von mehr als 400 Kilogramm Uran im Fokus, das laut IAEA einen beinahe Atomwaffen-tauglichen Reinheitsgrad hat. Bislang hat Teheran die IAEA nicht darüber informiert, wo und in welchem Zustand dieses Material nach den Angriffen vom Juni ist. Der Iran habe Fristen für entsprechende Berichte verstreichen lassen, sagte Grossi am Rande einer Sitzung des IAEA-Gouverneursrates. Der Iran fürchte, dass Israel aufgrund solcher Informationen den Iran erneut bombardieren könnte, hieß es aus westlichen diplomatischen Kreisen in Wien.
In den Gesprächen mit dem Iran habe es zuletzt Fortschritte gegeben, berichtete Grossi. Er hoffe, dass in wenigen Tagen eine Einigung in dieser Frage erzielt werden könne, sagte er. Damit könne der Weg für die internationalen diplomatischen Bemühungen im Atomstreit mit dem Iran geebnet werden, sagte er.
Deutschland, Frankreich und Großbritannien drohen seit Ende August mit der Wiedereinführung von UN-Sanktionen, falls der Iran nicht innerhalb der nächsten Wochen an den Verhandlungstisch zurückkehrt. Zuletzt kamen dazu wieder positivere Signale aus Teheran.
Der Iran sei »bereit, eine realistische und dauerhafte Vereinbarung zu treffen«, die eine Überwachung des Atomprogramms, Beschränkungen der Uran-Anreicherung und die Aufhebung von Sanktionen vorsehe, schrieb Außenminister Abbas Araghtschi am Wochenende in einem offenen Brief an die drei europäischen Staaten im britischen »Guardian«.
Zudem soll die iranische Regierung wieder zu neuen Verhandlungen mit den USA bereit sein. Wie die Tageszeitung »Farikhtegan« berichtete, habe Irans Führung die Entscheidung am Sonntag getroffen. Mit der Wiederaufnahme der Gespräche will Teheran sich demnach auch mit den Europäern verständigen. Offiziell äußerte sich die Regierung dazu bislang nicht.
Israel hatte im Juni zwölf Tage lang Krieg gegen den Iran geführt und gemeinsam mit den USA zentrale Einrichtungen des Atomprogramms bombardiert, darunter auch die unterirdische Anlage Fordo. Israels Regierung begründete das Vorgehen mit einer Bedrohung durch Irans Atom- und Raketenprogramm. Zahlreiche Juristen stuften den Krieg als völkerrechtswidrig ein. Zuletzt hatte Irans Regierung Sorgen über einen neuen Krieg geäußert.
Eine sechste Gesprächsrunde kam nicht mehr zustande, nachdem Israel zwei Tage zuvor den Krieg begonnen hatte. Die Verhandlungen waren in einer zentralen Streitfrage ins Stocken geraten: Die USA forderten, dass der Iran seine Uran-Anreicherung einstellt – eine Forderung, die Teheran strikt ablehnte. Als weitere Reaktion auf den Krieg hat der Iran die Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA vorübergehend eingestellt. dpa/nd
Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen
Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.