- Politik
- Israels Katar-Angriff
Verurteilung im UN-Sicherheitsrat
Israel muss für Angriff auf Katar weitere diplomatische Schlappe hinnehmen
Seltene Einigkeit zeigte der UN-Sicherheitsrat bei seiner Sondersitzung in New York zum Angriff Israels auf die katarische Hauptstadt Doha. Sämtliche 15 Mitglieder verurteilten den völkerrechtswidrigen Angriff, sprachen in ihrer veröffentlichten Erklärung Katar ihre Solidarität aus und unterstrichen die Bedeutung der Deeskalation.
Im ersten Absatz heißt es wörtlich: »Die Mitglieder des Sicherheitsrats verurteilten die jüngsten Angriffe vom 9. September in Doha, dem Gebiet eines wichtigen Vermittlers. Sie brachten ihr tiefes Bedauern über den Verlust von Menschenleben zum Ausdruck.« Selbst die USA haben sich diesem Text angeschlossen, was einige Analysten schon als eine Art Wendepunkt in den Beziehungen zu interpretieren suchen. Normalerweise bietet die US-Regierung durch ihr Vetorecht Israel immer eine Art Schutzschirm vor Verurteilungen im Sicherheitsrat. Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Dorothy Shea, sprach nun aber davon, dass der Angriff einen souveränen Staat getroffen habe, der sich um Vermittlung für einen Frieden bemühe und dass der Luftschlag weder den israelischen noch den US-amerikanischen Interessen diene.
Erklärung ohne Erwähnung Israels
Auffällig ist jedoch, dass die Erklärung keine explizite Erwähnung Israels enthält. Darauf wies der algerische UN-Botschafter Amar Bendjama ausdrücklich hin und sprach vom »Schweigen der internationalen Gemeinschaft«. Der UN-Sicherheitsrat bleibe in seinen Handlungen eingeschränkt, sagte Bendjama, »unfähig, den Angreifer überhaupt zu benennen«. Das könnte man als Nebensache abtun, denn in den verbalen Erklärungen der Sicherheitsratsmitglieder wurde Israel mehrmals namentlich erwähnt und jeder weiß, von wem die Rede ist. Aber auf der diplomatischen Bühne zählen verbale und non-verbale Nuancen, ein Wort, das bewusst gesetzt oder eben ausgelassen wird, um das Gewicht einer Erklärung zu kalibrieren.
Der israelische UN-Botschafter Danny Danon verteidigte erwartungsgemäß den Militärschlag und versprach, dass sein Land gegen die Anführer des Terrors vorgehen würde, »wo immer sie sich verstecken«.
»Es wird keinen palästinensischen Staat geben.«
Benjamin Netanjahu Israelischer Regierungschef
Eine spätere Abstimmung am Freitag in der UN-Vollversammlung brachte dann wieder die bekannten Allianzen ans Licht. Es ging dabei um die sogenannte New York Deklaration, ein siebenseitiges Dokument, das im September bei einer von Frankreich und Saudi-Arabien initiierten UN-Konferenz in New York zur Ausarbeitung von Lösungen für einen eigenständigen Palästinenserstaat ausgearbeitet worden war. Das Besondere am Inhalt ist, dass die Unterstützer ein Ende der Hamas-Herrschaft im Gazastreifen fordern. 142 Länder sprachen sich für die Unterstützung des Papiers aus, zehn dagegen, darunter die USA und Israel, die bereits die UN-Konferenz im September boykottiert hatten und von einem »Geschenk für die Hamas« sprechen. Zwölf Mitgliedsländer enthielten sich. Deutschland stimmte für die Unterstützung des Dokuments.
Katar hatte sich nach dem israelischen Angriff auf führende Hamas-Mitglieder mit deutlichen Worten an die Vereinten Nationen gewandt. In einem Schreiben an UN-Generalsekretär António Guterres und die Mitglieder des UN-Sicherheitsrats verurteilte Katar den Luftangriff vom Dienstag auf das Schärfste, wie das Außenministerium in Doha mitteilte. Es handle sich um einen »kriminellen Überfall« und einen »eklatanten Verstoß gegen alle internationalen Gesetze und Normen«. Die Sicherheit der in Katar lebenden Menschen sei dabei massiv gefährdet worden. Guterres hatte den israelischen Angriff auf die Führungsspitze der Hamas in Katar bereits mit scharfen Worten kritisiert. »Ich verurteilte diese eklatante Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität Katars.«
Angespannte Beziehungen zwischen Ägypten und Israel
Derweil berichtet die Nachrichtenwebseite »Middle East Eye« (MEE), dass die ägyptischen Behörden Pläne Israels aufgedeckt hätten, Hamas-Führer in Kairo anzugreifen: »Geheimdienstberichte deuten darauf hin, dass Israel seit einiger Zeit plant, Hamas-Führer in Kairo zu ermorden, da Ägypten bereits einen früheren Versuch während der Waffenstillstandsverhandlungen in der Stadt in den letzten zwei Jahren vereitelt hatte«, sagte demnach eine hochrangige Sicherheitsquelle gegenüber MEE. Wie glaubhaft diese Informationen sind, ist schwer einzuschätzen, zumal auch nicht bekannt ist, ob, welche und wie viele Hamas-Mitglieder sich in Ägypten aufhalten.
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Ägypten war das erste arabische Land, das 1979 mit Israel einen Friedensvertrag geschlossen hat. Aber die Beziehungen zwischen den Regierungen in Kairo und in Tel Aviv sind derzeit äußerst angespannt, vor allem weil die ägyptische Seite befürchtet, die israelische Armee plane, die Palästinenser aus dem Gazastreifen über die Grenze nach Ägypten auf die Sinai-Halbinsel zu treiben. Eine solche Konstellation könnte seitens der ägyptischen Regierung als Kriegsgrund angesehen werden, im August waren bereits Truppen an die Grenze zum Gazastreifen beordert worden. Ein Angriff der israelischen Armee auf mutmaßliche Hamas-Spitzen in Kairo wäre brandgefährlich: »Jeder Versuch, das Leben von Hamas-Führern auf ägyptischem Boden zu gefährden, würde von Ägypten als Verletzung seiner Souveränität und damit als Kriegserklärung Israels angesehen werden, auf die wir ohne zu zögern reagieren würden«, sagte die Quelle aus Sicherheitskreisen.
Entschluss zum Bau umstrittener Siedlung im Westjordanland
Israels rechtsextreme Regierung geht ihren Weg unterdessen unbeirrt weiter. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat eine Vereinbarung zur Umsetzung umstrittener Baupläne für Siedlungen im Westjordanland unterzeichnet. Es geht dabei um den Bau von rund 3400 Wohneinheiten in dem sogenannten E1-Gebiet zwischen Ost-Jerusalem und der Siedlung Maale Adumim. Wegen seiner geografischen Lage spielt das Gebiet eine wichtige Rolle im Konflikt mit den Palästinensern. UN-Generalsekretär António Guterres hatte im Vorfeld gewarnt, das Bauprojekt spalte das Westjordanland in zwei Teile und stelle eine »existenzielle Bedrohung« für einen zusammenhängenden palästinensischen Staat dar.
»Es wird keinen palästinensischen Staat geben. Dieser Ort gehört uns«, sagte Netanjahu bei der Unterzeichnung der Vereinbarung in der Siedlung Maale Adumim. Ein Ausschuss hatte die Baupläne für das E1-Gebiet im vergangenen Monat genehmigt. Das Gebiet gilt als einer der sensibelsten Punkte im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern. Eine Bebauung dort würde das Westjordanland faktisch in einen nördlichen und einen südlichen Teil aufspalten. Damit würde die Schaffung eines zusammenhängenden Territoriums für einen künftigen palästinensischen Staat erschwert oder gar unmöglich gemacht. Deswegen stoßen Baupläne international auf besonders starke Kritik. Unter internationalem Druck hatte Israel die Pläne für E1 in der Vergangenheit immer wieder verschoben. Mit Agenturen
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