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Gefährliches Wildbaden in Weißensee
Linke Pankow kritisiert fehlende Badestellen, die zu einem hohen Sicherheitsrisiko am See führen
Jedes Jahr aufs Neue – während der Badesaison berichtet die Berliner Presse wiederholt über den tödlichsten See der Hauptstadt: den Weißen See. In den letzten Jahren kamen an diesem See so viele Menschen beim Baden ums Leben wie an keinem anderen Berliner Gewässer. Das Bezirksamt Pankow führt nach Selbstauskunft zwar keine Statistik über ertrunkene Personen, hat aber seit 2005 insgesamt 16 Badetote registriert, zuletzt im August dieses Jahres. Der Mann trieb leblos im Wasser. Alle Versuche ihn wiederzubeleben, blieben erfolglos.
In der lokalen Presse war mehrfach nachzulesen, dass der ertrunkene Schwimmer nicht bei dem offiziellen Strandbad ins Wasser gegangen sei, sondern an einer unbeaufsichtigten Ufer-Stelle. Dieses Verhalten ist streng verboten, aber äußerst beliebt bei den Besuchern des Sees. »Die einzige offizielle Badestelle am Weißen See ist kostenpflichtig und bietet derzeit erst ab 18 Uhr eine Möglichkeit für ein kurzes und vergleichsweise günstiges Baden«, sagt die sportpolitische Sprecherin Jaana Stiller von der Linksfraktion Pankow zu »nd«. Somit bleibe »vielen Pankowern – insbesondere Familien mit geringem Einkommen, Alleinerziehenden und Kindern – der Zugang zu einer sicheren Abkühlung verwehrt«. Eine Tageskarte kostet 9,50 Euro, ab 18 Uhr 6 Euro.
Die zuständige Bezirksstadträtin Manuela Anders-Granitzki (CDU) erklärte Mitte August, dass es sich jenseits des offiziellen Strandbades »um eine geschützte Grünanlage« handele, auf der »die Bestimmungen des Grünanlagengesetzes Berlin« gelten. Demzufolge sei »das Baden im See grundsätzlich verboten und nur in dem besonders ausgewiesenen Bereich des dortigen Strandbades gestattet«. In der Stellungnahme werden Maßnahmen aufgeführt, die zukünftig und schon jetzt für mehr Sicherheit sorgen sollen: Das Ordnungsamt führe regelmäßig Kontrollen durch, außerdem seien sogenannte Parkläufer im Einsatz und die Beschilderung rund um den See soll mittels einfacher Piktogramme auch für Touristen leichter verständlich sein.
Zeitnah sollen auch Sanierungsmaßnahmen beginnen, darunter auch die Sicherung der teilweise sehr stark erodierten Uferzone. Das Badeverbot soll laut dem Bezirksamt durch einen erschwerten Zugang zum Wasser verdeutlicht werden. Deshalb werden bald vermehrt Hecken aus Totholz die Grünanlage zieren. Ob mit solchen Maßnahmen das derzeitige Problem gelöst wird, bleibt fraglich.
»Der größte Unsicherheitsfaktor am Weißen See ist in der Tat das Wildbaden«, bestätigt Stiller. Diesem Problem sei aus ihrer Sicht »aber nicht nur mit restriktiven Maßnahmen wie Hecken und Ordnungsamtkontrollen beizukommen«, sondern erfordere Alternativangebote. Wenn es keine ausgewiesene und gesicherte zweite Bademöglichkeit gibt, weichen nach Angaben der sportpolitischen Sprecherin »viele Menschen auf inoffizielle Stellen rund um den See aus – häufig ohne Aufsicht, Rettungsmöglichkeiten oder geeignete Zugänge«. Dies erhöhe das Risiko von Badeunfällen und im schlimmsten Fall von Badetoten.
»Der größte Unsicherheitsfaktor am Weißen See ist in der Tat das Wildbaden.«
Jaana Stiller Linksfraktion Pankow
Angesichts zunehmend heißer Sommertage und der wachsenden Bedeutung wohnortnaher Erholungsräume wird der Bedarf an kostenarmen und gut erreichbaren Badeplätzen immer drängender. »Eine zweite, niedrigschwellig zugängliche und öffentlich nutzbare Badestelle würde nicht nur zur sozialen Gerechtigkeit beitragen, sondern auch ein wichtiges Angebot zur Gesundheitsvorsorge und Abkühlung darstellen«, so Stiller weiter. Das Bezirksamt verweist derweil darauf, dass »die Plansche regelmäßig Anfang Juni – meist am Kindertag – geöffnet« werde, um Kindern »eine Spiel- und Abkühlmöglichkeit direkt neben dem See« zu bieten.
Was die Eltern jedoch betrifft, liefert das Amt keinerlei Lösung. Die Linksfraktion hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, die Schaffung einer zweiten, kostenfreien und öffentlichen Badestelle voranzutreiben und den Druck auf das Bezirksamt aufrechtzuerhalten, damit eine zeitnahe Umsetzung ermöglicht wird. Außerdem soll der Tages- und der Abendtarif für von Armut betroffene Menschen auf eine sozialverträglichere Höhe abgesenkt und Kurzzeitbaden als preiswerter Tarif angeboten werden.
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