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Beetle Banks: Rückzugsorte für Insekten
Kleine Wälle zwischen Ackerflächen erhöhen die Artenvielfalt und schützen vor Erosion
Beetle Banks sind aufgeschüttete Erdwälle, die am Rand von Äckern oder innerhalb großer Schläge angelegt und mit mehrjährigen Gräsern und Blüh-Mischungen eingesät werden. Optimalerweise sind die Wälle beidseitig von Blühstreifen flankiert. Sie bieten Spinnen, Käfern, Tausendfüßlern, Wildbienen, Schlupfwespen und vielen anderen Insekten Unterschlupf, Lebensraum und Nahrung. Einige von ihnen, wie Käfer und Schlupfwespen, vertilgen Schädlinge auf dem Acker. Vögel, Feldhasen, Kaninchen, Füchse und andere Kleintiere finden Nist- und Versteckplätze, auch junge Rebhühner und Fasane, die in ihrer Entwicklung auf tierisches Eiweiß angewiesen sind. Viele der Kleinstlebewesen wandern nach erfolgreicher Überwinterung zurück ins Feld, wo sie Schädlinge reduzieren. Parallel zum Hang verlaufend, können Erdwälle darüber hinaus vor Erosion schützen und abfließendes Wasser abbremsen.
Die Idee der Beetle Banks, auf Deutsch auch Insektenwälle genannt, entstand in England in den 1990er Jahren, wo Landwirte und Naturschützer nach Wegen suchten, die Artenvielfalt auf den Äckern zu erhöhen. In Deutschland starteten erste Pilotprojekte im Oktober 2017 in Rheinland-Pfalz sowie im Frühjahr 2019 in Brandenburg. Um Insekten und Feldvögeln Unterschlupf und Lebensraum zu bieten, wurden auf Ackerflächen Erdwälle mit Gräsern und Kräutern angelegt.
Insektenwälle tragen dazu bei, Nützlinge schneller im Feld zu verteilen.
Ackerwildkräuter blühen zu verschiedenen Zeiten: Die Acker-Kratzdistel bietet vom Sommer bis in den Herbst hinein Nektar für Falter, so für den Braunkolbigen Braundickkopffalter, den Hauhechel-Bläuling und das Große Ochsenauge. Sie ist auch Futterpflanze für nachtaktive Schmetterlingsarten, als auch für die Raupen des tagaktiven Distelfalters. Der Hornklee ernährt die Raupen etlicher Schmetterlingsarten. Die blau blühende Kornblume liefert Nahrung für Bienen und Schmetterlinge, ebenso die Acker-Witwenblume. Der Gewöhnliche Dost (Oregano) zieht im Spätsommer den Distelfalter und das Großes Ochsenauge an, die Nektar aus seinen Blüten trinken. In Gräsern, die Horste bilden, finden Insekten im Winter Schutz, so etwa in Knäuelgras, im wolligem Honiggras, im Deutschen Weidelgras und im Weißen Straußgras.
Im Rahmen ihrer Masterarbeit im Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften an der Uni Kassel untersuchte Pauline Reichardt in einem zweijährigen Feldversuch an zwei Standorten in Brandenburg und Bayern vier Winterweizenflächen, die jeweils an Insektenwälle sowie als Kontrollflächen an herkömmliche Feldsäume grenzten.
Im Vergleich zu herkömmlichen Feldsäumen weisen Beetle Banks eine im Mittel um neun Arten höhere Laufkäfer-Diversität auf – bei ähnlicher Zusammensetzung der jeweiligen Artengemeinschaften. In allen Untersuchungsjahren zeigten sich konstant höhere Diversitätswerte gegenüber den Lebensgemeinschaften, die an herkömmlichen Feldsäumen mit ackertypischen Arten vorkommen. Bei der Zusammensetzung der Lebensgemeinschaften von Laufkäfern und der Individuenzahl gab es aber Überschneidungen bei den untersuchten Standorten. Insgesamt unterschieden sich die Beetle Banks damit nicht grundlegend von herkömmlichen Feldsäumen. Im Frühjahr zeigten sich auf Beetle Banks leicht erhöhte Dichten der Gemischtköstler und Fleischfresser unter den Insekten.
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Beetle Banks bieten Lebensräume für bis zu tausend Insekten und Spinnen pro Quadratmeter, wie das britische Game & Wildlife Conservation Trust nachwies. Viele von ihnen wandern nach der Überwinterung zurück ins Feld ein, wo sie Schädlinge vertilgen. Werden die Wälle als Trennlinien in großen Schlägen angelegt, tragen sie dazu bei, Nützlinge schneller im Feld zu verteilen, als wenn diese von den Ackerrändern einwandern müssen. Wegen ihrer Lage mit einer windabgewandten und einer windzugewandten Seite entwickelt sich ein besonders günstiges Mikroklima, das die vermehrte Ansiedlung von Insekten fördert. Der Aufwuchs sollte jährlich gemäht und abgefahren werden, wobei bis zur Hälfte der Vegetation stehen bleiben sollte, damit Tiere sich im Winter zurückziehen können, so die Empfehlung. Auf das Ausbringen von Dünger, Pflanzenschutzmittel und Wachstumsregler ist prinzipiell zu verzichten.
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