Deutsch üben im Stahnsdorfer Sprachlerncafé

Fünf engagierte Männer und Frauen als Brandenburgs Ehrenamtliche des Monats ausgezeichnet

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.
Auf dem Gelände des »Clubs an der Bäke«: Hier gibt es Hilfe, sich in einem fremden Land zurechtzufinden.
Auf dem Gelände des »Clubs an der Bäke«: Hier gibt es Hilfe, sich in einem fremden Land zurechtzufinden.

Als Baz Nassan vor zwei Jahren in der Bundesrepublik eintraf, verstand er kein Wort Deutsch. Inzwischen kann sich der Syrer schon sehr gut verständigen. Am Freitag hat er eine Prüfung bestanden, die ihm Kenntnisse auf dem Niveau B1 bescheinigt.

Als der 43-Jährige das am Montag in Stahnsdorf erzählt, klopft ihm Peter Dames anerkennend auf die Schulter. Auch Martina Endries-Klocksin, Susanne Schubert, Uta Reuß-Knote und Klaus Hofmann freuen sich für den Syrer. Ihr Sprachlerncafé im Stahnsdorfer Jugend- und Familienzentrum »Club an der Bäke« (Clab) hat zu diesem Erfolg beigetragen. Hier treffen sich immer donnerstags von 16 bis 18 Uhr Geflüchtete, die in den Asylheimen in Stahnsdorf und Teltow untergebracht sind oder hier oder in Kleinmachnow eine Wohnung gefunden haben. Unter Anleitung von Einheimischen vertiefen sie ihr im Sprachkurs erworbenes Wissen.

Diese Initiative sei 2015 in »einer besonderen Situation entstanden«, berichtet Marcus Grabia vom Clab. Damals seien in kurzer Zeit sehr viele Flüchtlinge angekommen und das Clab sei für sie eine Anlaufstelle gewesen. Die Idee, mit diesen Menschen Deutsch zu üben, hatte Martina Endries-Klocksin, deren Mann Jens von 2004 bis 2009 SPD-Landtagsabgeordneter war. Der Deutschlehrer Klaus Hofmann, mittlerweile 81 Jahre alt, stieß bald dazu. Er hilft, wenn die anderen Helfer eine Frage zur Grammatik haben. Die Erzieherin Reuß-Knote ist auch schon lange aktiv. Der Ausbilder Peter Dames schloss sich erst vor einem Jahr an. Er ist nun im Ruhestand und nimmt sich die Zeit für das Deutschprojekt.

Staatskanzleichefin Kathrin Schneider (SPD) würdigt den Einsatz am Montag mit einer Urkunde. Die Beteiligten erhalten außerdem eine Sonnenblume und eine Ehrenamtskarte, mit der sie als kleines Dankeschön Rabatte bekommen – etwa auf den Eintrittspreis für Museen. 800 000 Brandenburger engagieren sich beispielsweise in der Freiwilligen Feuerwehr, in Sportvereinen, als ehrenamtliche Richter oder auch in Projekten wie dem Stahnsdorfer Sprachlerncafé.

»Wir haben Gott sei Dank viele Menschen, die das tun. Sonst wären wir aufgeschmissen«, sagt Staatskanzleichefin Schneider. Auch Bürgermeister Bernd Albers (Freie Wähler) dankt der Initiative für ihre Bemühungen. Mit wie vielen Geflüchteten im Laufe von zehn Jahren Deutsch geübt wurde, vermag Endries-Klocksin nicht zu sagen. Erst übte sie mit einer Gruppe von zehn Männern. Phasenweise suchten so viele Menschen Hilfe, dass sie auf drei Gruppen aufgeteilt wurden. Heutzutage kommen manchmal nur zwei oder drei Flüchtlinge, aber meistens mehr. Endries-Klocksin und ihre Mitstreiter erinnern sich an viele Teilnehmer aus Syrien, Eritrea und Afghanistan, aber auch an solche aus dem Tschad und Kenia. Zuletzt meldeten sich etliche Ukraininerinnen.

Eine Iranerin, die um das Jahr 2016 herum mit ihrer Familie ankam, habe gerade den C1-Sprachtest bestanden. Sie könne und wolle nun Soziale Arbeit an der Universität Potsdam studieren, berichtet Endries-Klocksin stolz.

»Integrieren kann man sich nicht allein«, erklärt Mitstreiterin Reuß-Knote. Aber die Geflüchteten, die zum Sprachcafé kommen, möchten sich integrieren und dazu Deutsch lernen. Sie üben fleißig. »Da ist keiner dabei, der nur ein Käffchen trinken will«, versichert Peter Dames.

Syrer Nassan baute in seiner alten Heimat Karosserien von Bussen und sucht nun in seiner neuen Heimat eine Stelle. Bei einem Vorstellungsgespräch in einer Autowerkstatt sei ihm gesagt worden, die Karosserien von Bussen und Pkw seien zu unterschiedlich, erzählt er. Vielleicht muss er noch eine Berufsausbildung absolvieren und seine Deutschkenntnisse weiter verbessern, um eine Chance zu erhalten. An Motivation mangelt es ihm nicht.

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