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  • Humanitäre Hilfe für Gaza

»Psychologische Kriegsführung«: Sumud Flotilla erneut attackiert

Nach erneutem Drohnenangriff entsenden Spanien und Italien Kriegsschiffe ins östliche Mittelmeer

Schiffe der Global Sumud Flotilla auf dem Weg nach Gaza.
Schiffe der Global Sumud Flotilla auf dem Weg nach Gaza.

Die »Global Sumud Flotilla« (GSF), die mit fünfzig Schiffen Hilfsgüter nach Gaza bringen und die israelische Seeblockade durchbrechen will, ist in der Nacht zu Donnerstag erneut angegriffen worden. Aufnahmen von Handys und Überwachungskameras auf den Booten zeigen Explosionen, die von Drohnen ausgegangen sein sollen.

Drei Stunden lang seien Blendgranaten und Sprengleuchtkörper auf Decks niedergegangen. Vier Schiffe seien beschädigt worden, berichten Teilnehmende dem »nd«. Außerdem sei eine unbekannte Chemikalie auf mehreren Decks entdeckt worden, die bei einigen Ausschläge und Schwindel ausgelöst haben soll. Auch der Funkverkehr sei gestört worden – teilweise mit Musik, die über die Kanäle gespielt wurde. »Take a Chance on Me« von ABBA war auf Videoaufnahmen zu hören.

»Symbolische Reaktion«

Die Teilnehmenden der GSF sind überzeugt, dass die israelische Armee für die Angriffe verantwortlich ist. Zwar sei niemand ernsthaft verletzt worden. Doch die Angriffe seien »Teil der psychologischen Kriegsführung Israels, die die zivile Mission stoppen will, um den Genozid und die Blockade ungehindert fortzuführen«, so Luna Sbou, GSF-Organisatorin und Verantwortliche des Boots Paola 1. Offizielle Bestätigungen gibt es bislang nicht. Die UN forderte eine unabhängige Untersuchung der Vorfälle.

Die italienische Marine entsandte die Fregatte Virginio Fasan in die Region. Das Schiff, so der italienische Verteidigungsminister Guido Crosetto, solle im Notfall Rettungsaktionen unterstützen. Teile der Besatzung der Paola 1, mit denen »nd« sprach, bewerten das mit Vorsicht: »Ich denke, das ist eine symbolische Reaktion auf die Unruhen und Streiks in Italien.« Dort kam es Anfang der Woche zu zahlreichen Arbeitsniederlegungen und Demonstrationen aus Solidarität mit Gaza.

»Nie aus Respekt vor internationalem Recht«

»Staaten machen nie etwas aus Respekt vor internationalem Recht oder zum Schutz von Menschen«, meint auch die Aktivistin Judith Scheytt, die sich ebenfalls auf der Paola 1 befindet. Die Ankündigung Spaniens aber, ebenfalls ein Schiff zu schicken, erachtet sie aufgrund der kritischen Positionierung Spaniens gegenüber Israel als glaubwürdigeres Zeichen. Beide Regierungen verwiesen darauf, dass sich eigene Staatsbürger*innen an Bord der Flotte befinden – darunter auch Parlamentarier*innen.

»Israel wird Schiffen nicht gestatten, in eine aktive Kampfzone einzudringen, und keine Verletzung der rechtmäßigen Seeblockade zulassen«, erklärte ein Sprecher des israelischen Außenministeriums. Das Ministerium behauptete, die Flotte sei von der Hamas organisiert, legte für die Anschuldigungen allerdings keine Belege vor. Zudem erklärte es, den Transport der Hilfsgüter über israelische Häfen angeboten zu haben. Das wiederum lehnt die GSF ab, da Israel Hilfslieferungen nach Gaza blockiert und für die Aushungerung verantwortlich ist.

Die GSF war Anfang September in Barcelona gestartet. Nach Angaben der Organisator*innen handelt es sich um die bisher größte Unternehmung dieser Art. Mitte September wurde die Flotte – damals in tunesischen Hoheitsgewässern – erstmals von Drohnen angegriffen, wodurch ein Feuer ausbrach. Die tunesischen Behörden behaupteten zunächst, dies sei von einer Zigarette ausgelöst worden und sprachen später von unbekannten Dritten.

Weitere Eskalation erwartet

Die Sprecherin für internationale Beziehungen der Linksfraktion, Lea Reisner, erklärte »nd«, die Angriffe seien rechtswidrig und nicht zu entschuldigen. »Die Schiffe transportieren dringend benötigte Hilfsgüter – in ein Gebiet, in dem eine von der Uno bestätigte Hungersnot herrscht.« Es sei ein wichtiges Signal, dass sich Länder wie Italien und Spanien für den Schutz des zivilen Hilfskonvois einsetzen. Gleichzeitig bezeichnete die Abgeordnete es als Schande, dass »die Bundesregierung weiterhin tatenlos bleibt und Israel sogar noch politisch den Rücken stärkt, anstatt sich endlich an die Seite derer zu stellen, die für Menschenrechte und humanitäre Hilfe eintreten.«

Für den Großteil der GSF sei klar: »Wir werden nach Gaza segeln«, so Louna Sbou. Man gehe jedoch auch von einer weiteren Eskalation aus.

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