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Hausarztmangel, chronisch
Ulrike Henning über ambulante Versorgung im Wandel
Jetzt haben auch die Bertelsmann-Stiftung und ein Institut der Krankenkasse Barmer noch einmal nachgerechnet und nachgefragt. Ergebnis: Es wollen partout nicht mehr Hausärzte werden in den nächsten Jahren. Stattdessen stehen immer weniger dieser Mediziner für immer mehr Patienten bereit. Und unter den Patienten wächst der Anteil der chronisch kranken Älteren.
Aktuell bleiben bereits 5000 Hausarztsitze frei. Die Zahl kommt weder von ungefähr noch überraschend. Während es im Gesundheitssystem jede Menge Baustellen gibt, fehlt bei allem die Entschlossenheit, Veränderungen doch etwas zügiger umzusetzen. Immerhin werden hausärztliche Leistungen ab diesem Monat endlich entbudgetiert, sie können überall in voller Höhe vergütet werden. Zusätzlich gibt es für die Praxen eine neue Vorhaltepauschale ab 2026 mit gestuften Zuschlägen, abhängig etwa davon, ob Hausbesuche, Ultraschalldiagnostik, erweiterte Öffnungszeiten und Impfungen angeboten werden.
Jedoch sind weitere Großprojekte offen, die auch Hausärzte tangieren. Zum einen die Primärarztversorgung – hier muss entschieden werden, ob es wirklich eine gute Idee ist, alle Patienten vor einem Facharztkontakt durch eine allgemeinmedizinisch Praxis zu schleusen. Zum anderen sind sektorenübergreifende Einrichtungen zu definieren, eigentlich Teil der Krankenhausreform, aber mit neuen ambulanten Angeboten durchaus etwas, auf das sich Hausärzte einstellen müssen. Auch für sie kann es eine Rolle spielen, ob plötzlich eine kleine halbstationäre Einrichtung in der Nähe kooperiert oder konkurriert.
Im Moment lässt sich schwer einschätzen, ob all dies tatsächlich greift und Verbesserungen bringt oder nicht doch wieder in der Versenkung verschwindet. Aber davor kommt mit hoher Sicherheit erst einmal die diesjährige Erkältungssaison. Vielleicht sogar noch einige weitere.
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