Großdemos in Italien: Plötzlich aufgewacht

Lange Zeit wurde in Italien kaum für den Frieden demonstriert. Das scheint sich nun zu ändern

  • Anna Maldini
  • Lesedauer: 2 Min.
Am 2. und 3. Oktober schien ganz Italien auf den Beinen zu sein – wie hier in Bolgna versammelten sich Zehntausende zum Generalstreik, zur Unterstützung der palästinensischen Bevölkerung in Gaza.
Am 2. und 3. Oktober schien ganz Italien auf den Beinen zu sein – wie hier in Bolgna versammelten sich Zehntausende zum Generalstreik, zur Unterstützung der palästinensischen Bevölkerung in Gaza.

Monatelang schien die italienische Gesellschaft in einen dumpfen Schlaf versunken, während andernorts in Europa für Frieden demonstriert wurde. Man kümmerte sich um die eigenen Angelegenheiten, murrte hinter verschlossenen Türen, und was die Regierung so tat, fand man nicht unbedingt gut – aber das war auch schon alles. Und dann passierte es ganz plötzlich: Die Tragödie, die sich in Gaza abspielt, rüttelt die ItalienerInnen wach.

Plötzlich erinnerten sich Italiens Arbeiter an ihre lange internationalistische Tradition und legten die Arbeit nieder. Und ebenso plötzlich war es auch möglich, dass die sonst so zerstrittene größte italienische Gewerkschaft CGIL, die der sozialdemokratischen Demokratischen Partei nahesteht, mit vielen Basisgewerkschaften einen gemeinsamen Streik ausrief. Die Schüler*innen und Student*innen besannen sich auf das, was ihre Mütter und Väter in den 60er und 70er Jahren schon wussten und vorgelebt hatten. Sie gingen auf die Straße. Und zwar nicht nur einige »Aktivisten«, sondern auch viele, die zuvor noch nie auf einer großen Demo gewesen waren. Sie protestierten zum Beispiel mitten in der Nacht, als bekannt geworden war, dass die israelische Armee die »Flotilla« angegriffen hatte, die Einwohnern von Gaza Hilfsgüter bringen wollte.

Auch die rechtsradikale Regierung von Giorgia Meloni scheint von dieser plötzlichen Mobilisierung überrascht und reagiert äußerst »ungehalten« mit Drohungen und Beleidigungen. Für sie sind all die Frauen und Männer, die jetzt protestieren, Terroristen und Anhänger der Hamas. Ihre Minister versuchten sogar, den Streik zu verbieten, da er nicht »fristgerecht« angekündigt worden sei.

Irgendwann werden uns kluge Menschen erklären, was die Italiener*innen so plötzlich aufgerüttelt hat. Inzwischen reiben sich alle die Augen und fragen sich, wie lange dieses Aufbegehren wohl anhalten wird.

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