Namhafte Prüfsteine für den FC Bayern und Wolfsburg

Die deutschen Aushängeschilder starten mit Highlight-Spielen in die neue Champions League

  • Frank Hellmann
  • Lesedauer: 4 Min.
Beim letzten Duell gegen den FC Barcelona gab es für Lea Schüller (l.) und die Bayern in der Gruppenphase 2022/23 zu Hause einen 3:1-Sieg.
Beim letzten Duell gegen den FC Barcelona gab es für Lea Schüller (l.) und die Bayern in der Gruppenphase 2022/23 zu Hause einen 3:1-Sieg.

Wenn ein Spanier auf der Trainerbank des FC Bayern sitzt und ein Europapokalspiel beim FC Barcelona ansteht, ist das immer eine emotionale Angelegenheit. Aus seiner Inspiration hat José Barcala schließlich nie einen Hehl gemacht. »Ich erinnere mich gerne an die Zeit, als mein Heimatverein Deportivo La Coruña und das Dreamteam des FC Barcelona von Johan Cruyff in den 90er Jahren Spanien mit ihrem Fußball elektrisierten.« Für den aus Galizien stammenden 44-Jährigen ist es eine ganz besondere Dienstreise, wenn die Champions League für den deutschen Meister am Dienstagabend mit einem Auswärtsspiel beim FC Barcelona im Estadi Johan Cruyff beginnt. Zumal der erste Prüfstein anspruchsvoller kaum sein könnte.

Niemand passt so präzise, spielt technisch so sauber wie das katalanische Starensemble. Diese fußballerische Selbstverständlichkeit würde sich auch Bundestrainer Christian Wück fürs deutsche Nationalteam wünschen, das im EM-Halbfinale gegen die Spanierinnen mit ihrem Barça-Gerüst um Weltfußballerin Aitana Bonmati an Grenzen stieß. »Sie denken über viele Technik-Basics nicht nach. Sie machen es einfach mit dem One-Touch-Kombinationsspiel«, sagt Wück, der zum ersten Spieltag der Königsklasse beim Heimspiel des VfL Wolfsburg gegen Paris St. Germain am Mittwoch vor Ort sein wird.

Wie konkurrenzfähig sind die deutschen Topklubs?

Über der neu eingeführten Liga-Phase mit 18 Teams schwebt die Frage, wie konkurrenzfähig deutsche Klubs auf internationalem Topniveau noch sind. VfL-Direktor Ralf Kellermann klingt diesbezüglich eher skeptisch. »Wir haben die statistisch belegbar schwerste Konstellation erwischt«, erklärte Kellermann vor dem Auftakt gegen Paris. Bayerns Sportdirektorin Bianca Rech gab sich da schon kämpferischer. »In Spielen auf diesem hohen Niveau entscheiden häufig Nuancen«, sagte die 44-Jährige vor dem Duell mit Barcelona.

Dass der Bundesliga-Dritte Frankfurt zum dritten Mal bereits in der Qualifikation scheiterte, ist definitiv kein gutes Zeichen. Auch Bundestrainer Wück bedauert das frühe Ausscheiden: »Für unseren Frauenfußball wäre es immens wichtig gewesen, mit drei Teams in der Champions League zu spielen. Je mehr Spiele die Spielerinnen auf hohem Niveau bestreiten, desto besser entwickeln sie sich.«

Der Titel scheint weit entfernt

In der Uefa-Fünfjahreswertung ist Deutschland inzwischen auf Platz vier abgerutscht – und wird Frankreich, England und Spanien so schnell nicht einholen. Zehn Jahre ist es her, dass der 1. FFC Frankfurt – damals noch von Investor Siegfried Dietrich als reiner Frauenfußballverein geführt – den Titel holte. Auch für Wolfsburg, überraschend Gewinner 2013 und 2014, wirkt ein Finaleinzug wie zuletzt 2023 wenig realistisch, obwohl sich der Werksverein trotz eines XXL-Umbruchs punktgleich mit den Bayern gleich wieder an die nationale Tabellenspitze gesetzt hat und am Wochenende die Double-Gewinnerinnen zum Bundesliga-Gipfel erwartet. 

Die Champions-League-Reform verschafft den beiden deutschen Aushängeschildern dabei keine großen finanziellen Vorteile. Zuvor wurden von der Uefa rund 24 Millionen Euro ausgeschüttet, jetzt sind es knapp 38 Millionen Euro. Nur zum Vergleich: Bei den Männern fließen 2,5 Milliarden Euro an Prämien, also das 66-fache der Summe. Uefa-Direktorin Nadine Keßler spricht dennoch von einer Weiterentwicklung, wozu auch der US-Streamingdienst Disney+ als neuer TV-Partner beitragen soll. Auch das ZDF könnte Livespiele übertragen, will das aber erst ab einem Halbfinale mit deutscher Beteiligung tun. »Die Bayern haben das Zeug, ins Halbfinale zu kommen«, glaubt Wück. »Und wenn sie von Verletzungen verschont bleiben, ist alles möglich, auch wenn Olympique Lyon, Chelsea und Barcelona vielleicht noch etwas besser aufgestellt sind.«

Wück hofft auf viel Einsatzzeit für die deutschen Talente

Dem Bundestrainer würde es natürlich gefallen, wenn sich seine Hoffnungsträgerinnen wie die Bayern-Profis Franziska Kett und Alara oder die Wolfsburgerin Cora Zicai auf dieser Bühne zeigen dürften. »Wir brauchen Trainer und Trainerinnen, die in der Frauen-Bundesliga den Mut haben, jungen deutschen Spielerinnen zu vertrauen. Dass es ein knallhartes Geschäft ist, bei dem vor allem die Ergebnisse zählen, ist mir hierbei allerdings auch bewusst«, sagte der 52-Jährige. Vor allem Bayern-Coach Barcala dürfte den klaren Auftrag erhalten haben, Resultate zu liefern und weiter zu kommen als sein Vorgänger Alexander Straus. Mit dem Norweger scheiterten die Münchnerinnen 2023/2024 bereits in der Vorrunde. In der Vorsaison erteilte Rekordgewinner Olympique Lyon den Bayern im Viertelfinale eine Lehrstunde. Barcala soll es jetzt besser machen, im Idealfall schon im ersten Spiel gegen Prüfstein Barcelona.

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