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Die Richtige für einen Politikwechsel
Elif Eralp soll Spitzenkandidatin der Linken bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl 2026 werden
Im Bauch ihrer im achten Monat schwangeren Mutter ist Elif Eralp nach Deutschland gelangt und 1981 in München geboren. Die Eltern waren als Sozialisten und Gewerkschafter in der Türkei politisch verfolgt und flohen nach einem Militärputsch aus ihrer Heimat. Zweieinhalb Jahre lebte die junge Familie unter elenden Verhältnissen zu dritt in einem Zimmer mit Schimmel an den Wänden, aber immerhin nicht in einem Asylheim, erzählt Elif Eralp. Sie soll Spitzenkandidatin der Berliner Linken bei der Abgeordnetenhauswahl im September 2026 werden. Der Landesvorstand hat am Donnerstag einstimmig entschieden, sie dafür vorzuschlagen.
Es waren verschiedene Namen im Gespräch. Auch der Name der ehemaligen Bundesparteichefin und Ex-Sozialsenatorin Katja Kipping wurde genannt. Kipping hätte vielleicht eher auch Wähler von SPD und Grünen weglocken können, wurde gemutmaßt. Ist Elif Eralp zu links, zu radikal? Diese Frage soll sie am Freitag bei einer Pressekonferenz im Karl-Liebknecht-Haus beantworten. »Ich möchte eine radikale Verbesserung der Lebensverhältnisse erreichen«, sagt die 44-Jährige, die keine Geschwister hat, selbst aber zwei Söhne.
Die Eralps hatten es anfangs schwer als Flüchtlinge. Ihre Mutter sei Krankenschwester gewesen, aber ihre Berufsausbildung sei in Deutschland erst nach 15 Jahren anerkannt worden, berichtet Eralp. Der Vater habe als Arzt drei Jahre lang nicht arbeiten dürfen, bis er in Dortmund eine Stelle in einem Krankenhaus fand, in dem viele türkische Patienten behandelt wurden. Dort bekam der Mediziner, der ihre Sprache spricht, durch die Empfehlung eines türkischen Kollegen eine Chance. »Es hat ein bisschen gedauert, bis es uns besser ging«, sagt Elif Eralp, die in Hamburg Jura studierte und seit 2021 zur Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus gehört.
Nachdem Die Linke bei der Bundestagswahl im Februar 2025 in Berlin 8,3 Prozentpunkte zulegte und mit 19,9 Prozent überraschend vor allen anderen Parteien landete, wolle der Landesverband nun auch bei der Abgeordnetenhauswahl im nächsten Jahr »stärkste Kraft« werden, bestätigt Eralp. Ein Wahlziel ausgedrückt als Prozentzahl plus x kann sie nicht nennen, weil es darüber keine Verständigung gegeben habe. Sollte es klappen mit dem Wahlsieg und ließe sich eine Koalition aushandeln, bei der es inhaltlich stimmt, stünde Elif Eralp bereit, den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) abzulösen.
Ihre Vision: Das Wohnen in der Hauptstadt, in der die Mieten so schnell steigen wie nirgendwo sonst in Deutschland, soll wieder bezahlbar werden. »Wir sind inzwischen bei Angebotsmieten von 20 Euro netto kalt je Quadratmeter.« Das kann sich eine alleinerziehende Mutter nicht leisten, die mit vier Kindern in einer Zwei-Raum-Wohnung ausharren muss, weil sie keine größere Bleibe findet, die sie bezahlen könnte. Diesen einen und weitere Fälle kennt Eralp aus ihrer Sprechstunde, in die verzweifelte Menschen mit ihren Sorgen kommen.
»Kai Wegner ist mietenpolitisch bankrott«, schimpft Eralp über den Regierenden Bürgermeister. Berlin sei zum »Selbstbedienungsladen für dreiste Vermieter und Investoren« geworden. »Meine Partei und ich sind bereit, uns mit großen Immobilienkonzernen anzulegen.« Für die Quartiere der landeseigenen Wohnungsgesellschaften soll es einen Mietendeckel geben. Das Wort »Mietendeckel« steht auf einer goldenen Kette, die Eralp um den Hals trägt. 220 000 Wohnungen sollen vergesellschaftet und bezahlbar gehalten werden. Damit würde Die Linke auch eine alte Schuld abtragen. Denn 2004 hatte ein rot-roter Senat beschlossen, 65 700 Wohnungen zu privatisieren. Das sagt Eralp nicht. Es war vor ihrer Zeit. Sie lebte damals noch in Hamburg. Die Älteren erinnern sich aber.
Unter dieser alten rot-roten Koalition war zum Januar 2007 auch der Hebesatz der Grundsteuer von 660 auf 810 Prozent erhöht worden. Vermieter legten die Kosten auf die Mieten um. Die Linke will nun wieder die Grundsteuer erhöhen, aber wie Elif Eralp versichert, diesmal ausschließen, dass die Mieter darunter zu leiden haben.
Sie habe Mut und Verantwortungsbewusstsein, mache keine leeren Versprechungen, halte keine Sonntagsreden, lobt der Linke-Landesvorsitzende Maximilian Schirmer die Abgeordnete Eralp. »Sie wird alles Mögliche rausholen für die Menschen.«
Kerstin Wolter, die mit Schirmer die Doppelspitze des Landesverbandes bildet, nennt Elif Eralp »die beste Kandidatin für Berlin«. Wolter sagt am Freitag: »Wir sind uns sicher, dass Elif Eralp die richtige Person ist.« Mit ihr gebe es die Chance auf einen Politikwechsel. Wahlkampf sei allerdings ein Mannschaftssport. Doch dafür sind die Voraussetzungen hervorragend. Zu Jahresbeginn zählte der Landesverband gerade einmal etwas mehr als 8000 Mitglieder, inzwischen sind es nach einer Eintrittswelle 16 700. »Wir werden diese Stadt im Wahlkampf aufmischen«, verspricht Wolter. »Wir können es kaum erwarten.«
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