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EU beginnt biometrische Grenzkontrollen für visafrei Reisende
Alle Drittstaatsangehörigen müssen Fingerabdrücke und Gesichtsbild Daten abgeben
Seit Sonntag beginnen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit der Einführung des neuen »Ein-/Ausreisesystems« (EES) an ihren Außengrenzen. Es dient der elektronischen Registrierung aller visafrei Reisenden aus Nicht-EU-Staaten. Diese dürfen sich für Kurzzeit-Visa weiterhin innerhalb von 180 Tagen für bis zu 90 Tage im Schengen-Raum aufhalten und etwaig übrig gebliebene Restzeit auf einem »Schengen-Rechner« anzeigen lassen. Neu ist jedoch: Bei der ersten Einreise werden vier Fingerabdrücke, ein Gesichtsbild sowie Pass- und Einreisedaten erfasst und für drei Jahre lang gespeichert.
Das EES gilt in allen 29 Ländern des Schengen-Raums, also in 25 EU-Staaten sowie Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz. Für deutsche Staatsangehörige oder Bürger*innen anderer EU-Staaten ändert sich damit nichts. Ausnahmen bestehen für Personen, die eine Aufenthaltskarte besitzen und in unmittelbarer Beziehung zu einem EU-Bürger oder einer EU-Bürgerin stehen.
Das neue Verfahren ist Teil des sogenannten Smart-Borders-Pakets, mit dem die EU den Grenzübertritt technisch vereinheitlichen will. Es soll Personen erfassen, die ihre visumfreie Aufenthaltsdauer überschreiten, und Fälschungen von Reisedokumenten erschweren. Die technische Umsetzung liegt bei der Agentur eu-LISA mit Sitz in Tallinn.
Wegen jahrelanger technischer Verzögerungen wird das EES stufenweise umgesetzt: Jedes Land kann selbst festlegen, an welchen Grenzübergängen es beginnt. In Deutschland ist dies der Flughafen Düsseldorf, anschließend folgen Frankfurt am Main und München.
Die Einführung war mehrfach verschoben worden, da mehrere Mitgliedstaaten nicht rechtzeitig über funktionsfähige Infrastrukturen verfügten – darunter Deutschland, Frankreich und die Niederlande. Der Übergangszeitraum dauert sechs Monate, ab dem 10. April 2026 soll das EES an allen EU-Außengrenzen vollständig aktiv sein. Bis dahin werden Passstempel parallel zur elektronischen Erfassung weiter genutzt.
Mit dem digitalen System wird der Grenzübertritt aber nicht schneller. Nach Angaben der Bundesregierung rechnet die Bundespolizei aufgrund der Aufnahme der biometrischen Daten mit einer Verlängerung der Kontrollzeiten um etwa 40 Prozent. Simulationen der Luftverkehrsbranche gehen in Einzelfällen sogar von einer Verdreifachung der Zeiten aus.
Zur Reduzierung der Wartezeiten und Entlastung der Beamt*innen plant die Bundespolizei den Einsatz von rund 500 neuen Selbstbedienungsautomaten an deutschen Flughäfen. Dort können Reisende ihre Fingerabdrücke und Gesichtsbilder eigenständig erfassen. Zusätzlich wird eine digitale »Travel to Europe App« eingeführt, die von der EU-Grenzagentur Frontex gemeinsam mit der Bundespolizei entwickelt wurde. Damit können Reisende ihre Daten vorab übermitteln und einen QR-Code für den späteren Grenzübertritt erhalten. Dort wird dann das ebenfalls abgegebene Gesichtsbild überprüft.
Das EES ist der erste Schritt des von der EU entwickelten Smart-Border-Systems. Im letzten Quartal 2026 soll zusätzlich eine kostenpflichtige Einreisegenehmigung für visumfreie EU-Ausländer*innen verpflichtend werden. Von dieser ETIAS-Reisegenehmigung sind Staatsangehörige aus über 50 Ländern betroffen, darunter die USA, Kanada, das Vereinigte Königreich, Brasilien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Israel und Südkorea. Bei Sicherheitsbedenken kann die Reisegenehmigung auch abgelehnt werden. Vergleichbare Systeme existieren bereits in Großbritannien und den USA.
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