BVG-Sicherheitspolitik: Kamera statt Hilfe

Die BVG führt »besonders Schutzbedürftige« durch »Innovationsbahnhof« Kottbusser Tor

Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes stehen bei einer Vorführung der Sicherheitsarbeit der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) am Bahnhof Kottbusser Tor.
Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes stehen bei einer Vorführung der Sicherheitsarbeit der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) am Bahnhof Kottbusser Tor.

»Sicherheit verständlich, sichtbar und erlebbar machen« – das ist das selbsterklärte Ziel der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) am sogenannten Innovationsbahnhof Kottbusser Tor im Berliner Ortsteil Kreuzberg. An dem »Innovationsbahnhof« testet das Unternehmen diverse sicherheitspolitische Maßnahmen, größtenteils mithilfe von mehr Überwachung. Was genau dazu gehört, darüber informiert die BVG bei Führungen für Menschen »mit besonderem Schutzbedürfnis«.

Dazu zähle man Senior*innen, queere Personen und Frauen, wie die BVG mitteilt. »Die Führungen zeigen praxisnah, wie Sicherheit im Alltag funktioniert – von Notruf- und Informationssäulen über Alarmgriffe und flächendeckende Kameraüberwachung bis hin zum Zusammenspiel von Sicherheitsleitstelle, Streifenteams und Polizei.«

Als ersten Schritt hatte die BVG die »Reinigungsstreife« im April 2025 verstetigt, um für »mehr Sauberkeit« sowie für »ein besseres Sicherheitsgefühl« zu sorgen. »Verstetigt« heißt, dass das Personal aufgestockt und die Streife auf weitere Bahnhöfe ausgeweitet wurde. Zur Streife gehören Reinigungspersonal, externes sowie BVG-Sicherheitspersonal und Polizeibeamte. So seien laut BVG-Vorstandsvorsitzendem Henrik Falk allein 250 Sicherheitskräfte täglich im Einsatz, »unterstützt von modernster Video- und Informationstechnik«.

Kritik an dem Projekt gibt es von sozialen Einrichtungen. Demnach seien Klient*innen aus der Sucht- und Wohnungslosenhilfe schwerer oder gar nicht mehr aufzufinden, da sie von der Streife vertrieben werden. Aktivist*innen berichten zudem von gewaltsamen Räumungen Obdachloser. Der innenpolitische Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus, Vasili Franco, hatte in puncto Überwachungstechnik darauf hingewiesen, dass das BVG-Videomaterial nicht einmal in zwei Prozent der Fälle bei der Ermittlung von Tatverdächtigen helfe.

Für die Führungen arbeite die BVG mit dem Quartiersmanagement Zentrum Kreuzberg/Oranienstraße zusammen. So kläre man »verschiedene Interessengruppen« über Notruf- und Informationssäulen, Alarmgriffe, flächendeckende Kameraüberwachung sowie über die »Reinigungsstreife« auf. »Mitarbeitende der BVG-Sicherheit berichten aus ihrem Arbeitsalltag und geben Einblicke in Prävention und Präsenz«, teilt das Unternehmen mit. In diesem Jahr sollen noch weitere Maßnahmen umgesetzt werden. Dazu zählt ein Spiegel für bessere Einsehbarkeit eines Bahnhofseingangs sowie Bodenmarkierungen zur Suche nach Notrufsäulen.

Für das erste Halbjahr 2025 zieht die BVG eine positive Bilanz: Demnach sei es in den BVG-Einrichtungen und -Fahrzeugen zu 17 Prozent weniger Straftaten und 41 Prozent weniger Übergriffen auf Beschäftigte gekommen. mit dpa

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