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Erst Dolly, dann Fiffi: Wann wird ein Mensch geklont?
nd-Wissenschaftsexperte Steffen Schmidt gibt Auskunft darüber, sie das Klonen von Tieren funktioniert
Prominente in den USA klonen seit geraumer Zeit ihre Haustiere. Wie findest du das?
Das machen vor allem Leute, die offenbar zu viel Geld haben. Ich bin generell gegenüber dieser Haustierwirtschaft skeptisch. Es gibt diese Züchtungen – bei Hunden beispielsweise –, die besonders niedlich sein sollen, damit man was zum Knuddeln hat. Das finde ich pervers.
Sind das nicht die typischen Auswüchse des Spätkapitalismus?
Ich denke nicht, dass es der Kapitalismus ist. Ich denke, dahinter steckt die Überheblichkeit des Menschen gegenüber dem Rest der Natur.
Wie funktioniert das Klonen von Haustieren in der Praxis?
Wenn wir heute von Klonen reden, reden wir meistens von dem, was uns der Genetiker Ian Wilmut mit dem Klonschaf Dolly eingebrockt hat. Dort wird von einer Zelle eines lebenden Tieres der Zellkern entnommen und nach verschiedenen Bearbeitungstechniken in eine Eizelle von einem Tier der gleichen Art eingepflanzt. Man braucht für den gesamten Prozess im Grunde genommen drei Tiere, um einen Klon zu produzieren: eins, das geklont wird, eins, das die Eizelle bereitstellt, und ein Tier, das den Klon austrägt.
Bleibt beim Klonen das Aussehen des Tieres gleich?
Das ist die Theorie, und im Allgemeinen stimmt das auch, aber im Besonderen stimmt es eben nicht immer. Zum Beispiel hat man das Gleiche mit Katzen schon mal gemacht. Bei späteren Versuchen stellte sich raus, dass nicht alle Klone die gleichen Fleckungsstrukturen hatten wie das »Muttertier«. Das heißt, es gibt offenbar noch Elemente, die an der Ausbildung des Phänotyps teilhaben, die nicht in den Genen abgebildet sind.
Gehen beim Klonen auch die Gewohnheiten von einem Tier auf das andere über?
Das wird nicht so eins zu eins klappen. Schließlich besitzen die Tiere, um die es geht, doch einen gewissen Grad an Eigenwilligkeit. Wie sie sich verhalten, hängt ganz entschieden davon ab, in welcher Gesellschaft sie wie aufgewachsen sind. Ein Mensch ist ja immer auch ein Produkt der gesellschaftlichen und ökonomischen Verhältnisse. Ein Tier ist das – mit Einschränkungen – ebenfalls.
Welche Risiken gibt es beim Klonen?
Es ist bis heute nicht ganz geklärt, warum Dolly damals nicht so alt wurde, wie gut gepflegte Schafe es normalerweise werden. Zudem hat das Klonen bislang eine ziemlich geringe »Erfolgsquote«: Soweit ich weiß, wird maximal jedes fünfte von den Klontieren tatsächlich gesund geboren.
Wann werden Menschen geklont – deine Prognose?
Das hängt davon ab, wie viele von den Problemen, die man heute kennt, gelöst werden, wie viele Probleme, die wir nicht kennen, noch auftauchen und welche moralische Rücksicht die Leute, die so was betreiben wollen, tatsächlich nehmen. Wenn ich mir vorstelle, dass Menschen, die ans ewige Leben und an die Mars-Besiedlung mit One-Way-Ticket glauben, wenn solche Leute auf dem Sektor aktiv werden, dann glaube ich schon, dass die buchstäblich über Leichen gehen. Kurzum: In einer Gesellschaft, die wie unsere funktioniert, sind die moralischen Bremsen nicht stark genug, um das Klonen von Menschen dauerhaft zu verhindern.
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